Wien. Michael-Viktor Fischer, Geschäftsführer von Smatrics, Anbieter von 450 Öffentlichen Ladepunkten, über das Ende von Diesel und Benziner, Europas Handelskrieg mit China und die düstere Zukunft der europäischen Autoindustrie.
"Wiener Zeitung:" Herr Fischer, das Interesse an Elektro-Autos ist groß. Sind die neuen Modelle aber auch konkurrenzfähig zu Diesel und Benziner?
Michael-Viktor Fischer: Die Marktsituation ist sehr vielversprechend. Jetzt kommen die bezahlbaren E-Autos mit Reichweiten wie ein Tesla. Darunter Hyundai Kona, Kia Niro mit 35.000 Euro Verkaufspreis. Sie haben eine reale Reichweite von 400 Kilometern, im Sparmodus sind es sogar 640 Kilometer. Das ist ungefähr die Hälfte der Strecke, die ein vollgetankter Diesel oder Benziner zurücklegen kann. In zwei bis drei Jahren werden E-Autos eine reale Reichweite von 500 bis 600 Kilometer haben. Das ist dann schon massentauglich. Der Volvo meines Vaters in den 80ern hat auch nicht weiter fahren können.
Im Vergleich zum heutigen Verbrenner muss man aber dann noch immer öfters laden.
E-Mobilität hat ein anderes Nutzungsverhalten als Verbrenner. Man lädt täglich nebenbei, in der Firma, beim Einkaufen, zuhause, auch wenn die Batterie noch nicht leer ist. Menschen legen pro Tag durchschnittlich 34 Kilometer mit ihrem Auto zurück, diese 34 Kilometer sind längstens in einer Stunde wieder voll, auch wenn man langsam lädt. Beim E-Auto gilt: Immer wenn es parkt, dann ladet es. 70 bis 80 Prozent der Ladungen passieren daher zu Hause oder am Arbeitsplatz.
Sieht man sich die Neuzulassungen an, ist das E-Auto nachwievor ein Ladenhüter.
Weil die Autobranche im Moment noch zurückhaltend ist. Sie verliert mit jedem verkauften E-Auto Geld. Das führt dazu, dass jeder Hersteller nur ein Modell am Markt anbietet.
Warum verliert die Branche mit verkauften E-Autos Geld?
Die Hersteller produzieren noch sehr wenige Autos. Dadurch haben sie keine Fixkostendegression, dadurch verlieren sie Geld, und weil sie Geld verlieren, produzieren sie wenig Autos. Das ist ein Kreislauf. Das ist am Anfang mit Innovationen aber immer so.
2021 wird es für die Autobranche ernst, dann darf der durchschnittliche CO2-Flottenausstoß nicht über 95 Gramm liegen - rund 3,8 Liter Durchschnittsverbrauch. Schaffen die Hersteller ihre Ziele nicht drohen milliardenschwere Strafzahlungen. Derzeit liegen viele Hersteller aber noch weit über diesem Grenzwert.
Das Match geht 2021 los, wir sind jetzt in der Trainingsphase. Da zählt es nicht, ob man die Trainingsbestzeit hat. Man bietet nur ein Auto an, um sich zu positionieren, um Prozesse zu implementieren, damit der Kunde in den Showroom kommt. Aber eines ist klar: Wer nicht trainiert, wird 2021 keine Chance haben.