"Höchststand ist erreicht"

Auf den Preisfaktor verweist auch Wolfgang Kleemann. Er ist Generaldirektor der Österreichischen Hotel und Tourismusbank, die Investitionen in den Tourismus finanziert und fördert. "Wir verfallen zu leicht in Panik, wenn die Auslastung zurückgeht. Es wird gleich versucht, diese über einen niedrigeren Preis zu korrigieren", sagt er. Das sei nicht immer der passende Weg. Oft brauche es vielmehr "Mut zum Preis". Wiener Betriebe würden bereits Leistungen anbieten, die "qualitativ deutlich über dem internationalen Vergleich, aber preislich deutlich darunter liegen". Es gebe europaweit kaum eine Stadt, in der die Spitzengastronomie und Spitzenhotellerie so gut und günstig sei. Für diese hochwertigen Leistungen könne man entsprechende Preise verlangen.

Auch sei seitens der Branche und der Verantwortlichen mehr Mut zu steuernden Maßnahmen nötig. Denn Wien stoße beim Nächtigungswachstum bereits an seine Grenzen: "Gefühlsmäßig ist der Höchststand erreicht", meint Kleemann, der bis vor zwei Jahren selbst einen Hotelbetrieb in Wien besessen hat. Gerade die Kulturstadt Wien müsse auf Wertschöpfung setzen und dürfe sich nicht "einfach bereisen lassen". Unerwünschter Tourismus müsse ausgegrenzt werden.

Dazu zählt Kleemann etwa die Tagestouristen der Donaufahrtschiffe: "Sie haben in gewaltiger Dimension zugenommen." 2017 wurden am Hafen Wien bei der Reichsbrücke 345.000 Passagiere von Flusskreuzschiffen registriert. 2007 lag man bei 196.000 Gästen. Dabei sei gerade diese Reiseform für Wien "eine wertschöpfungsarme Form des Tourismus", meint Kleemann. Mit Bussen karre man die Menschen alle auf einmal in die Innenstadt und trage so zu deren temporärer Überfüllung bei: "Für Wien kommt dann bestenfalls raus, dass die Menschen irgendwo auf ein billiges Mittagessen gehen."

Es gebe genug Wissen, um zu handeln: "Man weiß genau, wann welche Gästegruppen welches Angebot beanspruchen. Da kann man gezielt ansetzen." So sei bekannt, dass die Italiener später zu Abend essen. "Da hat es Sinn, dass gerade solche Betriebe, die Italiener ansprechen, mit späteren Angeboten auf den Markt gehen." So müsse man nicht jede Busgruppe zwanghaft um 19 Uhr bewirten. "Wenn ich andere Gruppen um 21 Uhr antreten lasse, entzerre ich bereits die Besucherfrequenz", sagt Kleemann.

"Der Kaiser kommt ums Eck"

Weiterhin werden die Sehenswürdigkeiten aber der Anziehungspunkt für viele Reisende bleiben. "Die Sehenswürdigkeit ist der Besichtigung nicht nur würdig, sie verlangt nach ihr auf gebieterische Weise. Sehenswürdig ist, was man gesehen haben muss", schrieb der Publizist Hans Magnus Enzensberger. Und was lässt sich gegen tausende von begeisterten Besuchern des Café Centrals einwenden? "Das Ambiente strahlt eine Atmosphäre aus, als wäre die Zeit stehen geblieben und der Kaiser kommt mit Sissy gleich ums Eck", schwärmt einer von ihnen auf Tripadvisor. Darauf wartet man doch gerne.