Er könne sich selbst nicht erklären, warum das passiert sei, sagt der Angeklagte. "Ich wollte nie jemanden verletzen. Das wollte ich nie machen", beteuert er. "Sie haben es aber gemacht", entgegnet ihm der vorsitzende Richter Ulrich Nachtlberger. Der Angeklagte B. stockt. "Es tut mir leid", sagt er dann.
Die Suche nach einer Erklärung für zwei brutale Gewalttaten gestaltet sich am Dienstag am Wiener Straflandesgericht schwierig. B. hat Ende Dezember 2018 in Wien zwei Frauen attackiert. Seinem ersten Opfer schlug er in Margareten mit einer Eisenstange auf den Hinterkopf. Als die Frau benommen zu Boden sank und wieder aufzustehen versuchte, prügelte er mit der Stange auf ihr Gesicht ein. Nur einen Tag später schlug er einer weiteren Frau im Resselpark mit einem Maurerhammer auf den Kopf. Beide Frauen wurden schwer verletzt, das erste Opfer lebensbedrohlich. Die Taten seien "an Brutalität kaum zu überbieten", sagt die Staatsanwältin.
B. wird dafür am Dienstagabend wegen zweifachen Mordversuchs und schweren Diebstahls zu 20 Jahren Haft verurteilt. Zusätzlich wird er in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.
"Die Frau hat mir leidgetan"
B. zeigt sich geständig. Der 43-Jährige schildert flüssig und in einfachen Sätzen die Attacken. Nur wenn es um das Warum hinter den Taten geht, hadert er mit seinen Antworten. B. ist mehrfach vorbestraft, wobei es sich bei den bisherigen Taten um Eigentums- und keine Gewaltdelikte handelte.
"Ich bin immer nur einbrechen gewesen", sagt B. über sich selbst. Acht Jahre seines Lebens verbrachte er bisher bereits in Haft. Im Mai 2018 kam der vierfache Familienvater erneut aus dem Gefängnis frei. Der Sachwalter seiner Lebensgefährtin habe aber verhindert, dass er wieder zu ihr ziehe, sagt B. Er kam daher in einer betreuten Wohngemeinschaft unter.
Im Winter 2018 begann der Österreicher, nachts mit dem Fahrrad durch Wien zu fahren. Er habe nicht mehr einschlafen können und sei sexuell frustriert gewesen, meint B. Also habe er Frauen fragen wollen, ob sie mit ihm schlafen, doch habe er sich nicht getraut, sie anzusprechen.
Auch in den frühen Morgenstunden des 30. Dezembers fuhr B. wieder herum. Eine Eisenstange hatte er bei sich. "Damit die Frauen Angst bekommen", sagt er. "Warum?", fragt Richter Nachtlberger. "Das kann ich nicht beantworten", meint B. In der Nähe des Margaretengürtels verfolgte er eine Frau und attackierte sie. Nachdem sie zusammenbrach, "habe ich durch die Panik von ihr noch zwei oder drei Mal hingehaut". Die lebensbedrohlich verletzte Frau wollte B. vergewaltigen. Er habe es dann aber nicht getan, "weil die Frau mir leidgetan hat".