Ob es ein Bub oder ein Mädchen wird, möchte Julia Drausinger nicht wissen. Wo ihr noch ungeborenes Kind in den Kindergarten gehen wird, aber schon. "Was man hat, das hat man", sagt die Angestellte. Sie ist in der 28. Schwangerschaftswoche und muss jetzt schnell sein, denn ihr Wunschkindergarten - ein Standort der privaten "Kindercompany" in Penzing - hat für das 2022 nur noch sechs Kleinkinderplätze frei.

Das einkommensabhängige Karenzmodell hat dazu beigetragen, dass immer mehr Eltern bereits nach 14 Monaten wieder arbeiten gehen. Viele machen sich deshalb bereits in der Schwangerschaft auf die Suche nach einem Kindergartenplatz, denn gerade die Plätze für die Kleinsten sind hart umkämpft: Für weniger als die Hälfte (45 Prozent) der Wiener Kinder unter drei Jahren gibt es einen Kindergartenplatz, während es für die Drei- bis Fünfjährigen genügend Plätze gibt (mehr als 100 Prozent). Zwar kommen alleine in diesem Jahr 2000 neue städtische und private Kindergartenplätze hinzu. Dennoch zittern nicht wenige Eltern, ob ihr Kind einen Platz in ihrem Wunschkindergarten bekommen wird. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema:

- © Stanislav Kogiku
© Stanislav Kogiku
Das lässt sich nicht so leicht beantworten, weil nicht alle unter Dreijährigen in den Kindergraten drängen", sagt eine Sprecherin von Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky. Investiert werde insbesondere in Stadterweiterungsgebiete wie die Seestadt Aspern oder Oberlaa, sowie in Plätze für die jüngsten Kinder. "Der Fokus liegt ganz stark auf Kleinkindergruppen für Null- bis Dreijährige und Familiengruppen für Zwei- bis Sechsjährige", betont auch Daniela Cochlár, Leiterin der Kindergärten der Stadt Wien.
In städtischen Kindergärten ist die Anmeldung gratis. Für die offizielle Anmeldung braucht man eine Kundennummer, die man mit der Sozialversicherungsnummer des Kindes (und daher erst nach der Geburt) beantragen kann. Die Praxis sieht anders aus: Viele Eltern melden ihr Kind schon während der Schwangerschaft kostenpflichtig in einem privaten Kindergarten an, denn diese führen oft Listen mit jahrelangen Vorlaufzeiten. Die Anmeldegebühr bei privaten Betreibern beträgt in etwa 100 Euro."Es ist ganz natürlich, sich schon in der Schwangerschaft zu informieren", sagt die MA10-Leiterin Cochlár. Bei der Stadt Wien kann man sich jedoch erst nach der Geburt anmelden. Meldet man sein Kind in der Hauptanmeldezeit November oder Dezember an, hat man die größten Chancen, im kommenden Kindergartenjahr einen Platz in einem städtischen Kindergarten zu bekommen. Bei den städtischen Kindergärten kann man zwei Favoriten nennen.
"Meistens, aber nicht immer", sagt MA10-Leiterin Cochlár, und betont: "Berufstätige Eltern haben auf jeden Fall Vorrang." Bei den unter Dreijährigen ist die Berufstätigkeit der Eltern Voraussetzung für einen städtischen Kindergartenplatz, aber auch bei älteren Kindern werden berufstätige Eltern vorgereiht.
Neben der Berufstätigkeit sind die Nähe zum Wohnort oder Arbeitsplatz, Geschwisterkinder, die bereits den Kindergarten besuchen, sowie soziale Aspekte (bspw. eine Intervention der Kinder- und Jugendhilfe) zentrale Kriterien.
Bekommt man von der MA 10 keinen Platz in einem städtischen Kindergarten zugewiesen, beraten diese auch bezüglich privaten Trägern oder Tageseltern. Die Servicestellen der MA 10 sind nach Bezirken organisiert.
Mit der Online-Anmeldung geht es genauso schnell und man hat ebenso gute Chancen", versichert die MA 10. Wichtig sei aber, alle erforderlichen Unterlagen mitzuschicken – denn gerade die Arbeitsbestätigung bzw. Karenzvereinbarung mit dem Arbeitgeber werde oft vergessen.
In städtischen Kindergärten bezahlen Eltern einen Essenbeitrag von 68,23 Euro (eine Befreiung kann bei der Kinder- und Jugendhilfe beantragt werden). Auch private Kindergärten werden subventioniert, dennoch bezahlt man dort rund doppelt soviel.
Neben den geringen Kosten ist der Betreuungsschlüssel einer der Hauptgründe, warum sich viele Eltern für einen öffentlichen Kindergarten entscheiden: in diesen kommen zwei Pädagoginnen und zwei Assistentinnen auf 15 Kinder zwischen Null und drei Jahren. Bei privaten Anbietern betreuen meist eine Pädagogin und eine Assistentin eine gleichgroße Anzahl an Kleinkindern. Alle städtischen Kindergärten haben dieselben Öffnungs- und Schließzeiten, beim Essen ist ein Bio-Anteil von 50 Prozent vorgeschrieben. Zwischen privaten Anbietern bestehen große Unterschiede, mitunter wird mehr Zusatzförderung (z.B. Englischunterricht) oder selbst gekochtes Essen angeboten.
Tageseltern betreuen Kleingruppen von bis zu fünf Kindern in ihrer privaten. Die Kosten von 16 bis 20 Betreuungsstunden pro Woche übernimmt die Stadt Wien komplett. Auch hier sollte man sich frühzeitig bei den Trägervereinen anmelden, um einen Platz zu bekommen. 2018 gab es in Wien laut Statistik Austria 232 aktive Tagesmütter und -väter.
Sofern Platz ist, kann man immer einsteigen", betont MA10-Leiterin Cochlár. Haupteingewöhnungszeit ist jedoch September, denn zeitgleich mit Schulbeginn werden am meisten Plätze frei. Auch in privaten Kindergärten ist September die Haupteingewöhnungszeit, aber bei den Privaten ist das Einstiegsdatum in der Regel flexibler.
Es wird empfohlen, sich mindestens vier Wochen Zeit zu nehmen.
Für Wien berichtet die MA 10, dass die meisten Eltern bald nach der Geburt ihres Kindes wieder mit 30 bis 40 Stunden ins Arbeitsleben einsteigen. Die meisten Wiener Kinder kommen heute zwischen 14 Monaten und zwei Jahren in die Kleinkindergruppe, denn der Kindergarten wird heute verstärkt als Bildungsinstitution wahrgenommen. "Die Haltung hat sich verändert, man weiß heute, dass auch schon Ein- oder Zweijährige vom Kindergarten profitieren und es nicht nur ein ‚abgeben‘ ist", betont man auch im Büro Czernohorszky. Oft heißt es, dass Kindern unter zwei Jahren die Eingewöhnung leichter fällt, immer wieder wird 1,5 Jahre als ideales Einstiegsalter genannt – doch hier sind Experten uneins und der "ideale Zeitpunkt" hängt wohl auch vom individuellen Entwicklungsstand des Kindes ab. Einzelne Privatkindergärten haben zuletzt für Negativschlagzeilen gesorgt: in einem Kiwi-Kindergarten in Meidling haben zwei Pädagoginnen Kinder in einen Waschraum gesperrt (und wurden daraufhin entlassen), die Stadt Wien hat dem Privatkindergarten "Bärli Brumm Brumm" aufgrund pädagogischer und baulicher Mängel die Förderung gestrichen.
Gerade bei den Qualitätskontrollen wurden in letzter Zeit wichtige Schritte gesetzt", heißt es aus dem Stadtratbüro und man verweist auf die Gesetzesnovelle des Wiener Kindergartengesetzes aus dem Jahr 2018. Damals wurden die Anforderungen an neue Kindergartenbetreiber deutlich erhöht. Neben der verpflichtenden Vorlage eines Businessplans werden Antragsteller auf etwaige Insolvenzen und das Kindswohl gefährdende Delikte durchleuchtet. Eltern müssen über das pädagogische Konzept informiert werden; Elterngespräche sind verpflichtend festgeschrieben. Welche religiöse Vermittlung stattfindet, muss seitdem ebenfalls angegeben werden. Die Qualitätskontrolle aller Kindergärten obliegt der MA 11. Auch das Team, das die strengen Auflagen der Kindergärten kontrolliert, wurde verstärkt.
In Wien gibt es 81 selbstverwaltete Kindergruppen an 74 Standorten, zum Beispiel im WUK oder in der Sargfabrik. Hier sind die Eltern stark involviert, müssen regelmäßig Koch- und Putzdienste leisten und es findet meist ein reger Austausch mit den Pädagogen, aber auch zwischen den Eltern statt. Der Arbeitsaufwand wird oft unterschätzt, am besten geeignet ist dieses Modell für Eltern, von denen zumindest ein Elternteil nicht Vollzeit arbeitet, und die am Alltag ihrer Kinder im Kindergarten aktiv teilnehmen wollen. Auch diese Kindergärten werden von der Stadt Wien subventioniert, kosten aber rund 200 Euro pro Monat (ohne Essen). Oft werden Kinder erst ab einem Alter von zwei Jahren betreut.

Infotelefon der Wiener Kindergärten: +43 1 277 55 55

(Mo-Fr 7.30 bis 18 Uhr)

In Wien gibt es rund 86.000 Kindergartenplätze, 60 Prozent davon werden privat geführt,
40 Prozent von der Stadt Wien. In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der männlichen Kindergartenpädagogen mehr als vervierfacht; heuer arbeiten im städtischen Bereich 154 Pädagogen.