Die Aids Hilfe Wien hat anlässlich des Welt-Aids-Tages am 1. Dezember ihre inhaltliche Neuausrichtung ab 2020 vorgestellt. Konkret kann man sich am Standort künftig auch auf andere sexuelle Erkrankungen testen lassen. Außerdem sollen Betroffene dort auch ärztlich betreut werden. Zusätzliche öffentliche Gelder würden dazu nicht benötigt, betonte Obmann Wolfgang Wilhelm am Mittwoch.

Ein wichtiger Schritt für das Aidshilfe Haus am Mariahilfer Gürtel 4 ist die Ausweitung der Bluttests auf die "Big 5" der sexuell übertragbaren Erkrankungen, neben HIV also virale Hepatitis, Syphilis, Tripper und Chlamydien. Damit die Betroffenen zwischen Diagnose und Beginn der Behandlung möglichst wenig Zeit verlieren, soll der Standort außerdem zum Behandlungszentrum mit integrierter Arztpraxis ausgebaut werden, wurde in einer Pressekonferenz angekündigt. Zur Betreuung der auch psychisch und sozial schwierigen Situation ist ein interdisziplinäres Beratungszentrum geplant.

Anlaufstelle für Sexarbeiter

Weiter verbessert werden sollen der niederschwelligen Zugang und das zielgruppenspezifische Angebot. Das wäre wichtig, da insbesondere gesellschaftlich marginalisierte Gruppen oft einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt seien, so Wilhelm. Geplant ist darum erstmals in Österreich eine Anlaufstelle für männliche Sexarbeiter, wie es sie beispielsweise in Berlin schon seit Jahrzehnten gibt.

"In den letzten 30 Jahren hat sich unendlich viel zum Guten verändert", erklärte die HIV-Spezialistin Brigitte Schmied. Die Therapien seien besser verträglich und könnten in vielen Fällen auf eine Tablette täglich reduziert werden. Bei frühzeitiger Diagnose entspreche die Lebenserwartung der Betroffenen jener der Gesamtbevölkerung. Es sei aber nach wie vor "viel besser, nicht infiziert zu sein, als schon infiziert zu sein".

Rund um den Welt-Aids-Tag finden zwischen 19. November und 8. Dezember verschiedene Events statt. Neben Informationsveranstaltungen wird auch gefeiert: Am Abend des 30. November organisiert der Verein LIFE+ in über 15 Wiener Locations die "Lange Nacht der Solidarität".

Steiermark vor leeren Töpfen

Aber nicht überall geht es der Aidshilfe so gut wie in Wien: Durch das Ende des Life Balls und rückgehende Spenden sind generel die Hilfstöpfe österreichischer HIV-Hilfsorganisationen schnell geleert. So auch bei der Aids-Hilfe Steiermark. Am Mittwoch hat der Verein im Hinblick auf die finanziellen Notlagen seiner Klienten um Spenden und Patenschaften gebeten.

Im Jahr 2016 standen der Aids-Hilfe Steiermark noch rund 54.000 Euro (davon etwa 42.000 vom Life Ball) zur Verfügung. "Die Unterstützung des Life Balls ist seit 2016 von über 42.000 Euro auf 17.250 im Jahr 2018 gesunken", schilderte Manfred Rupp, Geschäftsführer der Aids-Hilfe Steiermark. Im zu Ende gehenden Jahr hielt man Anfang Oktober bei rund 9400 Euro an Spenden, davon 4000 Euro Notfallhilfe vom Life Ball.

Finanzielle Engpässe der Klienten kann der Verein nunmehr immer weniger überbrücken: "Wir müssen überlegen, ob wir noch Lebensmittelgutscheine ausgeben können, Zuschüsse an Wohnkosten leisten können, auch die Unterstützung bei den Impfkosten wird schwer möglich sein", blickte Rupp in die Zukunft. "Eine kleine Spende kann Großes bewirken", appellierte er, die Aids-Hilfe Steiermark und damit bedürftige HIV-Positive durch Spenden zu unterstützen.

Die HIV-Infektion bedeute für die Betroffenen nicht nur einen tiefen Einschnitt in ihrem bisherigen Alltag, schilderte Kerstin Hübler, Sozialarbeiterin bei der Aids-Hilfe Steiermark. Neben gesundheitlichen Fragen komme es immer wieder auch zu sozialer Abgrenzung, Familie, Freunde und Bekannte gehen auf Distanz, sodass der soziale Rückhalt oft nicht mehr gegeben sei, wenn finanzielle Probleme auftreten, führte Hübler aus. Die Aids-Hilfe konnte bisher auch einspringen, wenn sich Menschen in akuten Notlagen befanden. "Alleinerziehende Mütter können sich dann die Pneumokokkenimpfung nicht mehr leisten, wir hatten Fälle, wo Menschen im Pflegeheim nur aufgenommen wurden, wenn sie den Aufpreis für ein Einzelzimmer zahlen", führte Hübler an.

Nun sei man mehr denn je auf die Spendenfreudigkeit der Österreicher angewiesen. Glück hatte man mit einer Bank, die im Rahmen eines Clubbings Ende Oktober 3000 Euro sammelte und zur Verfügung gestellt hat, ein steirisches IT-Unternehmen veranstaltet einen Firmenweihnachtsmarkt zugunsten der Aids-Hilfe. "Auch Patenschaften ab zehn Euro sind möglich", so Rupp.

In der Steiermark geht man laut Aids-Hilfe Steiermark von 600 bis 1200 HIV-Positiven aus.Laut Statistik der Aids Hilfe Wien sind in Österreich zwischen 8000 und 9000 Personen HIV-positiv, etwa die Hälfte von ihnen lebt in Wien. Die Aids Hilfe Wien ist zusätzlich für Niederösterreich und das Burgenland zuständig.