Im Sommer 1998 wurden hunderttausende Besucher einer Ausstellung im Schloss Schönbrunn ordentlich zum Narren gehalten. Zum 100. Todestag der 1898 von einem italienischen Anarchisten mit einer Nagelfeile ermordeten Kaiserin Elisabeth ("Sisi") wurde einer ihrer Diamantsterne ausgestellt. Nur - dieser war alles andere als echt. Denn ein dreister Dieb hatte ganz unbemerkt das Original in der Vitrine mit einer Replik ausgetauscht, die billig im Museumsshop zu erstehen war.
Nachdem lange Zeit niemand den frechen Diebstahl bemerkt hatte, entschlossen sich die Veranstalter, die Sache dabei zu belassen, und man tat gegenüber dem Publikum weiter, als wäre nichts geschehen. Im Gegenteil, mit Hilfe von ausgesuchten Medien und der Polizei tüftelte man an einer Falle für die Diebe: Es sei versucht worden, den Originalstern zu stehlen, und dabei hätten die Täter eine Replik erwischt, wurde lanciert. Die Räuber zeigten sich aber nicht dümmer, als die Polizei erlaubt. Das Original blieb weg, tausende Besucher kamen weiterhin und die Leihgeberin - eine ungarische Exilantin - wurde von der Versicherung still und heimlich mit einer Abschlagszahlung ruhig gehalten.

Die betagte Dame hatte das Stück auf Umwegen aus dem Besitz einer Hofdame Sisis vererbt bekommen.
2007 ging dann in Kanada ein vielfacher Einbrecher der dortigen Polizei ins Netz. Nach einem Verhörmarathon erzählte er ungefragt von einem Beutestück, das einer europäischen Kaiserin gehört haben soll. Denn die dortige Polizei interessierte sich für ganz andere Delikte. Der Kanadier schmückte seine Story zu einer richtig schönen "Raubers-Gschicht" aus, die ihm einen Ruf samt guter Vermarktung als "größter Dieb" einbringen sollte. Er sei in der Nacht von einem Hubschrauber aus mit einem Fallschirm über den Dächern von Schloss Schönbrunn abgesprungen und durch zuvor präparierte Fenster eingedrungen und habe sich dann spektakulär abgeseilt. Wieso niemand den Hubschrauberlärm gehört haben sollte - auf dem Schlossgelände gibt es hunderte Bewohner -, hinterfragte bis heute niemand. Ebenso wenig welche Komplizen er in Wien hatte. Jedenfalls befand sich der Stern tatsächlich im Besitz des Kanadiers. Das Schmuckstück kam nach Wien zurück. Niemand wurde verfolgt oder angeklagt. Der Räuber ist mit seiner wenig glaubwürdigen Version berühmt geworden und jetzt ist das Original des Sterns im Sisi-Museum in Wien zu sehen.
Alle Facetten der Story sind im interessanten Buch "Sisi und die Diamantsterne" der Wiener Journalistin Johanna Ruzicka nachzulesen. Es wurde kürzlich von "Der Verlag" aufgelegt. Die Autorin beschreibt darin kurzweilig die "Raubers-Gschicht", aber vor allem die Rolle und den Einfluss der Kaiserin als Stilikone auf die Mode und Schmuckgestaltung ihrer Zeit.
Jetzt ist Ruzicka dabei ein weiteres Rätsel um den Schmuck Elisabeths zu lösen: Jene Diamantsterne, die "Sisi" auf dem berühmt gewordenen Porträt des Malers Franz Xaver Wintersteiner im Haar trägt, galten lange als verschollen. Die Kaiserin soll in ihren späten Tagen aus einer Laune heraus wahllos vieles verschenkt haben. Doch bei ihren Recherchen stieß Johanna Ruzicka auf einen Artikel der "Österreichischen Illustrierten" 1902. Und dabei ist lange nach dem Tod Elisabeths der komplette Diamantsatz erhalten und auch abgebildet. Kaiser Franz-Joseph hat ihn damals seiner Lieblingsenkelin Elisabeth Marie zur Hochzeit geschenkt. Die Mitgift wurde damals öffentlich präsentiert und im Artikel auch explizit beschrieben.
Elisabeth Marie sollte später als "Rote Erzherzogin" in die Geschichte Österreichs eingehen. In den 20er Jahren wurde sie Sozialdemokratin und heiratete den Politiker Leopold Petznek. Sie verstarb 1963 und hinterließ der Republik einen wertvollen, riesigen Bestand. Sisis vermisste Sterne finden sich nicht darunter.