Bis vor knapp 25 Jahren zählte er um die Weihnachtszeit zum fixen Wiener Innenstadtbild. Heute ist "Waluliso" fast vergessen. Selbst Erinnerungs-Objekte einer Ausstellung nach seinem Tod 1996 sind inzwischen abgebrannt.

"Walulisos" Erscheinung vor allem zur Weihnachtszeit ist für nicht mehr ganz junge Wiener unvergesslich: Über einer weißen Pudelhaube ein Stofftuch mit Lorbeerkranz, er selbst komplett in weiße Tücher gehüllt. In einer Hand einen meist verschrumpelten Apfel. In der anderen hielt er einen Teleskop-Stab, den er inmitten von langwierigen Ansprachen an Passanten effektvoll aus- und einfahren konnte. Auf dem umgebauten Besenstiel saß eine Friedenstaube aus Pappe.

"Friiiiede!" war "Walulisos" Dauergruß. Und seine damals wirklich jungen Fans trachteten, eine Berührung seiner zu einem "Victory-Zeichen" geformten Fingerspitzen zu erhaschen. Am besten ebenfalls mit zwei gereckten Fingern. "Victory" zu "Victory" sozusagen. Waluliso wurde in seinen letzten zwanzig Lebensjahren zu einer echten Kultfigur. Tausende Touristen ließen sich zu jeder Jahreszeit mit dem Wiener Faktotum ablichten.

Der selbsternannte Friedensapostel erlebte eine Adelung, als der sowjetische Außenminister Edward Schewardnadse, 1987 aus dem Bundeskanzleramt am Ballhausplatz kommend, die herumstreunende Figur in Weiß erblickte. Der Anblick passte dem sowjetischen Propagandisten der damaligen Entspannungspolitik gut ins Propaganda-Bild. Zum Entsetzen der Sicherheitsleute aller Seiten stoppte er den schwarzen Wagenkonvoi, stieg aus, ging auf Waluliso zu und schüttelte ihm lange die Hand. Augenzeugen waren sicher, dass Schewardnadse nicht wusste, mit wem er es zu tun hatte. Doch das Wiener Faktotum hatte beglückt seine protokollarische Aufwertung erfahren und wurde prompt nach Moskau eingeladen. Der kuriose Auftritt 1987 ganz in Weiß am Roten Platz ist filmisch verewigt (https://www.youtube.com/watch?v=FIX9_ZtDOho). Da ist etwa zu sehen, wie "Waluliso" einen hochdekorierten Offizier mit überschwänglichen Friedensgesten vollkommen verblüfft.

"Waluliso" hieß eigentlich Ludwig Anton Weinberger. Lange rief man ihn "Wickerl". Geboren am 2. Juli 1914 unter ärmlichen Verhältnissen in Ottakring, erlernte er später das Buchbinderhandwerk. Im Zweiten Weltkrieg wurde "Wickerl" verletzt. Danach arbeitete er als Schildermaler.

Sein Weg als Aktivist begann in den 70ern als Vorkämpfer für das FKK-Gelände Hirscheninsel in der Lobau. Mitte der 70er sammelte er unter dem Motto "Wasser-Luft-Licht-Sonne" tausende Unterschriften für die Erholungsgebiete Donauinsel und Lobau. So wurde er zu "Waluliso" und begann mit Auftritten in der Innenstadt. Den Namen nahm er später offiziell an. Seine Mini-Wohnung war nur neun Quadratmeter groß. Am Schluss verschenkte "Waluliso" all sein Geld und starb am 21. Juli 1996 in einem Wiener Heim.

Eigentlich wollte er seine Asche in der ganzen Welt verstreut wissen. Nun ist er aber in einem Ehrengrab der Stadt Wien bestattet. Den Grabstein entwarf Waluliso selbst. Die "Walulisobrücke", ein Steg in Nähe des Kraftwerks Freudenau, wurde nach dem Wiener Original benannt.

Der frühere Bürgermeister Helmut Zilk würdigte bei der Eröffnung der "Waluliso"-Ausstellung den prominenten Wiener: "Er war ein Botschafter des Guten und Schönen, aber natürlich war er verrückt. Nur ein Verrückter kann so leben." "Waluliso" sei eine Bereicherung der Bundeshauptstadt gewesen. "Eine Stadt, die sich nicht todernst nimmt, braucht solche Originale."