Meist hatte er die Lacher auf seiner Seite. Der langjährige Bundeskanzler und Sozialdemokrat, Bruno Kreisky, der Österreich von 1970 an - und von 1971 bis 1983 mit absoluter Mehrheit - regierte, war ein Meister der Schlagfertigkeit und der Bonmots. Mit bedächtiger und sonorer Stimme pflegte er seine Pointen zu setzen. "Ich bin der Meinung . . ." am Anfang eines Statements wurde zu seinem Markenzeichen.

Kreisky (1911 bis 1990) war der Erfinder des Pressefoyers nach dem Ministerrat. Dort durfte seinerzeit jeder Journalist ohne Einschränkungen und Barrieren dem Kanzler und seinen Ministern jede Frage stellen. Meist antwortete der "Journalistenkanzler", der das Duell mit den Zeitungsleuten genoss und liebte, mit ausgesuchter Schlagfertigkeit.
Berühmt wurde etwa Kreiskys Zurechtweisung eines hochrangigen ORF-Journalisten vor laufenden Kameras mit den Worten: "Lernen Sie a bisserl Geschichte, Herr Reporter." Dass er dem Medienmann damals rein sachlich völlig unrecht tat, ist hingegen längst vergessen. Denn der Kanzler hatte auch hier die Lacher auf seiner Seite. Der Rest wurde von der Öffentlichkeit ausgeblendet.
Kreisky konnte sich wunderbar winden. Unnachahmlich seine Side-Steps, als die Presse ihn im Jahr 1980 an einem der Höhepunkte des "Kalten Krieges" zwischen Ost und West zum Olympia-Boykott in Moskau festnageln wollte.
Die USA und einige ihrer Verbündeten hatten wegen des zuvor erfolgten Einmarsches sowjetischer Truppen in Afghanistan zum Boykott der Olympischen Spiele in der Hauptstadt der UdSSR aufgerufen. Wie sollte sich nun das neutrale Österreich in dieser Sache verhalten, wurde der Kanzler ganz aufgeregt befragt.
Kreiskys erste Antwort im Pressefoyer war noch diplomatisch: Das sei nicht Sache der Politik und der Regierung. Der österreichische Sport und seine Verbände hätten hier eine Antwort zu finden.
Nachfrage eines Journalisten: "Herr Bundeskanzler, wenn Sie Sportler wären, wie würden Sie denn dann entscheiden?" - Kreisky stockte kurz. Dann blickte er zögernd, seiner klein gewachsenen Statur entlang, auf in feinstes Tuch des Maßanzugs gehüllte, aber doch erkennbare leichte X-Beine und sprach schließlich unter lautem Gelächter aller Umstehenden: "Herr Reporter, schaun S mich doch einmal ordentlich an! Können Sie sich mich wirklich vorstellen als einen 100-Meter-Läufer?"
Ein ganz anderes Mal wurde dem Kanzler zu Beginn eines Wahlkampfes vorgehalten, er habe sich ganz imperial im Ministerratsaal ausgerechnet vor dem Bild des jungen Kaisers Franz-Josef abbilden lassen. Auf diesem Gemälde ist der Kaiser 18 Jahre alt. Die bürgerliche Revolution von 1848 war in diesem Alter zum Thronerhalt der Habsburgereben brutal auf den Straßen des damaligen Reiches niedergemäht worden.
Ob das für einen Sozialdemokraten wohl das richtige Symbol für eine Wahl wäre, wurde Kreisky gefragt. Der Kanzler dachte ein wenig nach und sagte dann überlegt: "Ja. Da haben Sie ganz recht. Denn es gibt doch ganz andere Mitglieder des Hauses Habsburg, mit denen ich mich sehr viel mehr persönlich identifiziere." Natürlich wollten alle umringenden Journalisten sofort wissen, welcher Herrscher denn Kreiskys wahres Vorbild sein könnte. Die Antwort folgte väterlich-lächelnd: "Naja, wissen S, das ist die Kaiserin Maria Theresia."