Wien. Keine Hektik in den Straßen, keine Touristenmassen, kein Drängen in den Öffis - und alles bei blauem Himmel und Sonnenschein: Man könnte es fast idyllisch nennen, hätte es nicht einen ernsten Hintergrund. Die seit heute, Montag, gültigen Ausgangsbeschränkungen der Bundesregierung haben Wien in eine Art Sleep-Modus versetzt.
In den Öffis hatte man am Vormittag soviel Platz wie kaum, beliebte Flaniermeilen und Märkte waren wie leergefegt. Ruhig war es - anders als vor dem Wochenende - auch in den Supermärkten.
Kaum Menschen auf der Mariahilfer Straße
Schauplatz Mariahilfer Straße: An Werktagen herrscht auf Wiens längster Shoppingstraße normalerweise schon in den frühen Vormittagsstunden reges Treiben. Am heutigen Tag war es indes äußerst ruhig. Und freilich ungewohnt: Bis auf einzelne Bäckereifilialen, Drogeriemärkte und Apotheken blieben die Rollläden der Geschäfte infolge der Coronavirus-Verordnung geschlossen. Doch selbst in den noch offenen versorgungsrelevanten Shops und Supermärkten waren kaum Menschen zu sehen. Das große Hamstern ist also offenbar vorbei. Immerhin wurde fast mantraartig von der Regierung und den Handelsketten versichert, dass die Versorgung auf jeden Fall sichergestellt sei.
Nur wenige Leute trotteten die "Mahü" entlang - beispielsweise zwei junge Frauen, eine davon mit Rollkoffer unterwegs. "Ich fahre zurück nach Deutschland und habe nur noch ein paar Sachen aus der Arbeit geholt", berichtete sie der APA. "Fifty-Fifty" sah sie die Chance, angesichts der immer strengeren Grenzpolitik noch in ihre Heimat zu kommen.
Leere Hallen und Bahnsteige am Westbahnhof
Apropos Zugverkehr: Eine fast andächtige Stille herrschte am Vormittag in der großen Halle am Westbahnhof. Kaum Leute hielten sich am Areal auf, die Angestellten der geöffneten Bäckereien hatten mangels Kunden viel Zeit zum Tratschen. Nur im Wartebereich vor dem Zugang zu den ebenfalls leeren Bahnsteigen saßen ein paar Personen, wobei - aus Zufall oder schon infolge einer Corona-Sensibilisierung - immer mehrere Sitzplätze dazwischen leer blieben.
"Die Leute verhalten sich sehr korrekt", meinte ein älterer Herr, der die "Mahü" entlangradelte. Er selbst werde die nächsten Tage auch großteils zu Hause bleiben: "Oder ich setze mich alleine eine halbe Stunde in den Park." Mit der neuen Situation könne er gut umgehen: "Ich bin das vom Krieg noch gewöhnt, deshalb fällt mir die Umstellung nicht so schwer." Außerdem gebe es ja Telefon und Computer - "und sonst gehe ich in den Keller zusammenräumen".
Ungewöhnlich menschenleer waren - trotz Sonnenschein und blauem Himmel - auch viele Freizeit- und Touristenhotspots. Der Haupthof im Museumsquartier zeigte sich überhaupt komplett verwaist. Nur vereinzelte Passanten sah man etwa am Stephansplatz, am Graben oder am Kohlmarkt. Viele Cafes, die eigentlich erst ab Dienstag komplett geschlossen sein müssten, verzichteten schon am Montag auf das Aufsperren. Die wenigen Gastro-Betriebe, die noch offen hatten, waren spärlich besucht.
Naschmarkt offen aber leer
Voller Tatendrang schienen die Standler am Naschmarkt zu sein - jedoch vergebens. Lebensmittelhändler dürfen bekanntlich weiterhin offenhalten, an einem der meistfrequentierten Märkte der Stadt war das Interesse am Vormittag jedoch mehr als endenwollend. Er habe heute noch gar nichts verkauft, erzählte ein Falafel- und Kebab-Verkäufer: "An einem normalen Montag sind sehr viele Leute hier, schon um 8.30 Uhr kaufen sie ein." Seit einer Woche habe die Zahl der Besucher allerdings stets abgenommen.
"Ich habe sowas hier noch nie gesehen. Es ist eine Katastrophe, es ist gar nichts los", berichtete ein Mann hinter der Theke eines Feinkoststands. "Der Markt ist komplett leer, rechts und links", so ein Kollege, der Nüsse, Obst und Gemüse verkauft. Trotz des totalen Kundenausfalls verstehe man aber die Maßnahmen der Regierung, so der Tenor unter den Standlern. "Wir müssen gegen diese Krankheit kämpfen", fasste einer von ihnen die aktuelle Lage zusammen. (apa)