Am 30. März jährt sich der Todestag einer resoluten Wienerin, die 1943 im Landesgericht mit dem Fallbeil ermordet wurde. Im vom Seelsorger penibel dokumentierten 150-Sekunden-Takt wurden ab 18.12 Uhr sechs Menschen hingerichtet. Die Ordens- und Krankenschwester Restituta traf das Fallbeil um 18.20 Uhr. "Starb gefasst und Gott ergeben", notierte der Geistliche Eduard Köck mit gestochener Handschrift in ein Buch, das als einziges Dokument der Grausamkeiten im Grauen Haus erhalten gebelieben ist.

Die selige Restituta, auch "Resoluta". - © Franziskanerinnen
Die selige Restituta, auch "Resoluta". - © Franziskanerinnen

Die Haltung der Schwester hinterließ auch bei den Peinigern enormen Eindruck. Später berichtete eine Zeugin vom Trafik-Besuch des Scharfrichters, der beim Zigarettenkauf davon erzählte. Es sei eine über seine Klinge gesprungen, so der Henker sinngemäß, die nicht wie andere Frauen am Weg zum Schafott vor Angst geschrien hätte, sondern verblüffend gefasst gewesen sei.

Penible Dokumentation durch den Seelsorger Köck. - © Paul Vécsei
Penible Dokumentation durch den Seelsorger Köck. - © Paul Vécsei

1248 Menschen sind im Grauen Haus während der Herrschaft der Nationalsozialisten hingerichtet worden. Ihre Überreste wurden dem anatomischen Institut übergeben. Heute ruhen sie in der Gruppe 40 am Zentralfriedhof. Hier gibt es eine Gedenkstätte für die politischen Märtyrer Österreichs. Kommunisten, Sozialisten, Christlich-Soziale, Juden, Christen, Konfessionslose sind hier nebeneinander bestattet - darunter Schwester Restituta.

Sie war am 1. Mai 1894 als Helene Kafka in der Nähe von Brünn geboren worden. Wie bei vielen böhmischen Arbeiterfamilien üblich, zogen Frau und Kinder mit dem Vater in die Reichshauptstadt. So wurde man damals zu "echten" Wienern. Vom Kleinkindalter an lebte Helene Kafka in Arbeitersiedlungen in der Brigittenau. Das religiöse Mädchen fand seine Berufung und trat einem Orden bei, den die Wiener volkstümlich als "Hartmannschwestern" bezeichnen. Diese führten das gleichnamige Spital. Offiziell heißt der Orden, der sich verdienstvoll um Arme und Kranke annimmt, "Franziskanerinnen von der christlichen Liebe" und das Krankenhaus "Franziskusspital". Wer aber heute mit dem Taxi hin will, dem sei aber die Verwendung der alten wienerischen Bezeichnung empfohlen.

Helene Kafka, die 1914 zur Schwester Restituta wurde, ging als Krankenschwester in ihrer Rolle auf. Patienten und Kollegen liebten sie. Bald erhielt sie wegen ihrer engagierten Art den Spitznamen "Resoluta".

1942, bei der Arbeit in einem anderen Spital in Mödling, wurde ihr die Resolutheit zum Verhängnis. Schon früher hatte sie Kruzifixe, welche die "Nazis" in den Zimmern verboten hatten, einfach aufgehängt. Aber am 8. Dezember 1941 diktierte sie einer Kollegin einen Bericht über eine Bekenntnisfeier zu Gott statt zu Hitler und ein pazifistisches österreichorientiertes Gedicht. Ein SS-Arzt zeigte sie an. Am 29. Oktober 1942 wurde sie wegen Vorbereitung des Hochverrats zum Tode verurteilt. Von der Todeszelle aus kümmerte sie sich rührend um Mitgefangene in den "Armensünderzellen" und unterstützte den Seelsorger Köck bis zur eigenen Hinrichtung.

Nicht zuletzt deshalb wurde Restituta am 21. Juni 1998 von ihrer Mutterkirche seliggesprochen. Manche Gläubige warten jetzt auf ein Wunder. Dieses wäre Voraussetzung für eine Heiligsprechung. Im politischen Österreich hat sie diesen Rang als vorbildliche Patriotin längst errungen. Es gibt zahlreiche Formen des Gedenkens. Selbst der bekennende Kommunist Alfred Hrdlicka formte zu Resitutas Andenken eine Skulptur im Stephansdom.