Um 0.11 Uhr in der Nacht kam per Messengerdienst die Nachricht, er solle nicht am 4. Mai, sondern schon am Freitag zum Haareschneiden kommen. Am 1. Mai kurz nach 9 Uhr steht der Mann mit dem ohnehin kurzen Haarschnitt schon vor dem Barber-Shop in der Simmeringer Hauptstraße. Früher hat er im 11. Wiener Gemeindebezirk gewohnt, am Staatsfeiertag ist er aus Wiener Neustadt, wo er seit zwei Jahren lebt, angereist, um sich die Haare auf zwei Millimeter kürzen zu lassen.

Nach eineinhalb Monaten Ausgangsbeschränkungen können es manche nicht mehr erwarten, zum Friseur zu kommen. Mit Sondergenehmigung, so die Wirtschaftskammer zum Ärger der Gewerkschaft, durften manche Friseurläden schon am Feiertag statt erst am 2. Mai aufsperren. "Mos Style" zwischen Pizzeria und Handyshop ist nach dem Öffnen am 1. Mai um 9 Uhr stark frequentiert. Ein Zeichen, wie sehr die Menschen in Österreich die nun begonnene Lockerung der Beschränkungen herbeigesehnt haben.

Viel Betrieb in Simmering

Drinnen sind die gemäß Sicherheitsabstand mit Kunden besetzten Stühle genützt, draußen warten noch vier Männer auf Einlass. "Nach langer Zeit wieder", atmet der junge Vollbartträger mit Sportkappe, der vor dem Friseurladen wartet, auf. Schnitt und Waschen werden hier um 15 Euro angeboten. Der Wiener Neustädter ist bei "Mos" Stammkunde. "Das ist eine tolle Truppe da drinnen", schwärmt er, in seinem neuen Wohnort in Niederösterreich gebe es das nicht: "Das findest bei österreichischen Friseuren nicht so leicht, einen solchen Enthusiasmus", sagt der Mann. Der Laden verweist auf Filialen in Wien und Istanbul. Der Chef möchte nicht mit der "Wiener Zeitung" reden. "Wir brauchen keine Reklame", lässt er ausrichten. In seinem Damen-Friseurladen ein paar Meter weiter werden gerade noch eifrig die Stühle desinfiziert.

Die Konkurrenz hier tief im Arbeiterbezirk Simmering schläft nicht. Im Gegenteil. Gleich gegenüber wird in einem anderen Friseurladen gerade einem jungen Burschen ein Haarschnitt verpasst. Eine Angestellte, die schon seit 8 Uhr bei der Arbeit ist, genehmigt sich in einer kurzen Verschnaufpause gerade ein Energy-Getränk. Sie erzählt, dass sie nach der Geschäftsöffnung noch das Problem habe, wer nun auf ihre Tochter aufpassen werden, für die als Pflichtschülerin die Schule erst am 18. Mai beginnt. Ein paar Meter weiter hat auf dieser Straßenseite noch ein dritter Coiffeur ebenfalls schon am Feiertag offen.

Auch Tennisplätze bereits gebucht

Zufriedenheit signalisiert auch das Gesicht von Peter Pokorny, der ganz draußen im 14. Bezirk bei Mauerbach Tennisplätze und eine Halle betreibt. Kein Wunder: trotz des Regens in der Nacht und Bewölkung keuchen auf den vier Freiplätzen schon insgesamt acht Spieler. "4:1", ist zu hören, das zeigt, dass der sportliche Ehrgeiz nach wochenlanger Quarantäne wie eh und je groß ist. Nur die vier Plätze draußen dürfen seit 1. Mai bespielt werden. "Alles voll", registriert der Betreiber erfreut.

Zwei junge Hobbyspielerinnen haben es auch schon nicht mehr erwarten können, auf den Tennisplatz zu kommen. Zumindest hier ist Österreich wie eh und je, auch wenn eine ganze Reihe weiterer Erleichterungen von den Gottesdiensten Mitte Mai bis zu den Hotelöffnungen ab 29. Mai erst folgen werden.