Montagfrüh in Ottakring, U3. In kürzeren Intervallen als U-Bahnen fahren, werden die Fahrgäste via Audiodurchsage darauf aufmerksam gemacht, dass man nicht nur in den Öffis, sondern auch beim Warten am Bahnsteig den Mund-Nasen-Schutz tragen soll. Via elektronischer Anzeigetafel werden diejenigen, die es lieber schriftlich haben, ebenfalls dazu aufgefordert, die Maske anzulegen.

Vergebliche Liebesmüh. Stattdessen trifft man auf Menschen mit runtergeklappten Schutzmasken, stylisch am Handgelenk befestigten oder lässig an einem Ohr baumelnden Schutzmasken, "nasenfreie" Schutzmaskenträger, Papiertaschentuch vors Gesicht haltende Fahrgäste, den Halsausschnitt des T-Shirts über Mund und Nase gezogene Fahrgäste und auch einfach nur auf Ignoranten.

Spätestens nach zwei Stationen hat sich dann auch die Sache mit dem Babyelefanten erledigt. Sämtliche Sitzplätze belegt, das Stehplatzangebot, vor allem im Türbereich, am Limit. War das Fahren mit Öffis während der Sommermonate bisher schon ein Erlebnis, auf das man gerne verzichtet, so ist es angesichts von Corona jetzt auch noch gesundheitsgefährdend.

50 Euro Strafe seit Juli

Bei den Wiener Linien sieht man "diese dramatische Zuspitzung" nicht gegeben. Einmal mehr verweist man auf die seit Monatsbeginn forcierte Informationskampagne via Lautsprecherdurchsagen und Anzeigetafeln. Darüber hinaus seien 130 Sicherheitsmitarbeiter des Unternehmens rund um die Uhr unterwegs, um säumige Fahrgäste an das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes zu erinnern, so ein Sprecher. Neu dazugekommen ist, dass man besonders renitente Fahrgäste nunmehr an der Weiterfahrt hindern und ihnen 50 Euro Strafe abknöpfen kann.

Zugeständnisse in puncto fehlendem Abstand zwischen den einzelnen Fahrgästen hätte schließlich bereits Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gemacht, so der Sprecher. Man könne zu Spitzenzeiten einfach nicht verhindern, dass das Platzangebot in U-Bahnen und Straßenbahnen den Fahrgastandrang übersteigt. Um derartige Engpässe abzufedern, habe man bereits im Mai auf das erhöhte Fahrgastaufkommen nach dem Lockdown reagiert und die Intervalle verdichtet. U-Bahnen seien seither in der Regel im Drei-Minuten-Takt unterwegs, Straßenbahnen im Drei- bis Fünf-Minuten-Takt.

Dass man diese Intervalle mit reger Baustellentätigkeit und Teilstreckensperren geradezu konterkariert, will man bei den Wiener Linien so nicht gelten lassen: "Wir müssen unsere Infrastruktur auch in Schuss halten. Diese Bauarbeiten sind notwendig, um unseren Fahrgästen auch in Zukunft die gewohnte Qualität und den gewohnten Komfort unseres Angebots zuteil werden zu lassen", so ein Sprecher.

Weitere Maßnahmen seien jedenfalls nicht angedacht. Sitze vorübergehend zu demontieren oder mit festgeschraubten Dummys das Platzangebot zu minimieren, sind keine Option. Auch von entsprechenden Bodenmarkierungen, sprich Abstandshaltern, will man bei den Wiener Linien nichts wissen.

Während die Gastronomie rigoros dazu gezwungen wurde, ihr Sitzplatzangebot um ein Drittel zu reduzieren und jeder Supermarkt dort, wo es zu Warteschlangenbildung kommt, entsprechende Bodenmarkierungen angebracht hat, gilt in den Öffis: "Für die Einhaltung der Regeln ist jeder und jede Einzelne selbst verantwortlich." (Fahrgast-Charta, April 2020).

Die "Wiener Zeitung" hat im Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nachgefragt, ob man die bestehenden Beförderungsrichtlinien als ausreichend empfindet. Schließlich ist der durchschnittliche Wiener Linien-Benutzer rund 35 Minuten (pro Fahrstrecke) unterwegs, oftmals notgedrungen face-to-face mit den Mitfahrenden, nicht selten inklusive Hautkontakt. "Aus unserer Sicht leisten die Wiener Linien sehr gute Arbeit.", so ein Sprecher Hackers. Er verweist in einem Nachsatz auf andere öffentliche Verkehrsmittel, in denen man es mit Corona-bedingten Ausnahmeregelungen nicht einmal ansatzweise so streng halte, wie bei den Wiener Linien.

Apropos: Die Türen der Öffis öffnen sich, trotz zahlreicher Proteste, bis auf Weiteres nicht mehr automatisch, sondern nur auf Haltewunsch, also Knopfdruck. Nur so sei die Leistung der Klimaanlagen im Hochsommer gewährleistet, heißt es. Die Fahrer wurden angehalten, diese Weisung zu befolgen, widerrechtliches Handeln sei unerwünscht.