Ab Mittwoch sind in Wien wieder alle Citybike-Stationen nutzbar und somit auch jene rund 60 Standorte innerhalb des Gürtels, die seit gut einem Monat gesperrt sind, erklärten Bürgermeister Michael Ludwig und Öffi-Stadträtin Ulli Sima am Montag. Möglich macht das eine "Übergangslösung" mit dem bisherigen Betreiber Gewista, der nun doch mehr Geld für den Betrieb der Leihräder erhält. Geld, das ursprünglich die grüne Verkehrsstädträtin Birgit Hebein nicht ausschütten wollte.

Dass der letzte verbliebene große Leihfahrradanbieter Wiens fast ebenso schnell von der Bildfläche verschwunden wäre, wie Obike und Ofo vor zwei Jahren, dürfte wohl in einem - eventuell wahlkampfbedingten - Streit zwischen der rot-grünen Koalition begründet liegen. Denn eigentlich liegen die Citybikes in der Verantwortung der grünen Verkehrsstadträtin Birgit Hebein. Aber die wollte sich von der Gewista, die mehr Geld wollte, nicht erpressen lassen: "Einfach Geld ohne rechtliche Grundlage an das private Unternehmen Gewista zu schieben, wäre vielleicht SPÖ-Politik zu Alleinregierungszeiten gewesen, hieß es im Juli vonseiten der Grünen sinngemäß. "Aber nicht mit uns", wurde betont.

Machtwort Ludwigs

Dann hat der Bürgermeister ein Machtwort gesprochen und Ende Juli die Wiener Linien damit beauftragt, sich künftig um die Citybikes zu kümmern. Eine Idee, die im Übrigen auch Hebein für sich beanspruchte und beklagte, dass Ludwig auf einen entsprechenden, an ihn gerichteten Vorschlag 13 Tage lang nicht reagiert habe. Bei den Wiener Linien wiederum hieß es, dass es überhaupt keine Gespräche mit Hebein gegeben habe. Jetzt gibt es schließlich eine auf ein Jahr befristete Übergangslösung, und im kommenden Jahr soll das System komplett neu ausgeschrieben werden.

Zusammengefasst heißt das: Die Gewista, die zum internationalen Konzern JC Decaux gehört, wollte für die seit 2003 bestehenden Stationen innerhalb des Gürtels Geld, da dieser Teil der Leihräder sich immer schlechter über Sponsoren finanzieren ließ (eine vertraglich fixierte Kostenübernahme der Stadt gibt es nur für die ab 2010 errichteten Terminals Anm.). Dann sollten die Wiener Linien das gesamte Geschäftsmodell übernehmen - und am Ende kommt heraus, dass nun Wiener Linien und Stadt Wien die Gewista dafür bezahlt, den Betrieb weiter aufrechtzuerhalten.

Konkret habe man sich darauf geeinigt, dass die Gewista bis Ende 2021 im Auftrag der Wiener Linien den Betrieb aller 121 Citybike-Standorte weiterführt. Dafür fließen insgesamt 1,8 Millionen Euro pro Jahr, wobei sich Sima zuversichtlich gibt, noch Sponsoren auftreiben zu können, die einen Teil der Summe übernehmen.

Ausbau und Modernisierung

Man habe schnell alle Leihräder wieder nutzbar machen wollen, betonte Sima. "Wir hätten in dieser kurzen Zeit keinen anderen Betreiber bekommen", erklärte sie. Denn für den Betrieb brauche es viel Know-how bei der Auslieferungslogistik oder der Wartung von Fahrzeugen und Entlehnterminals. Hätte man also jetzt schon ausgeschrieben, wäre ein Vollbetrieb frühestens in einigen Monaten möglich gewesen.

Ab 2022 soll das System dann schließlich komplett neu aufgestellt werden, wofür die Verkehrsbetriebe schon im kommenden Jahr eine Ausschreibung starten werden. Mittelfristig sind nicht nur mehr Stationen, sondern auch eine moderne Radflotte und eine Verknüpfung mit dem Öffi-Netz bzw. der Wien-Mobil-App vorgesehen. Denn die Citybikes sollen ein Puzzlestein bei der umweltfreundlichen Bewältigung der "letzten Meile" - etwa von der Haltestelle zum jeweiligen Wohn- oder Arbeitsplatz - werden, wie Sima betonte.(rös/apa)