Am Montag hat am Wiener Landesgericht der Prozess gegen fünf frühere Mitglieder der - mittlerweile angeblich aufgelösten - "Europäischen Aktion" (EA) begonnen. Bei der Organisation handelte es sich um ein länderübergreifendes rechtsextremes Netzwerk, das Ziele vertrat, "die dem Parteiprogramm der NSDAP nachempfunden wurden", wie Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella am Beginn der Verhandlung darlegte.
Die "Europäische Aktion" habe eine "politische Parallelgesellschaft" angestrebt, "um einen Umsturz auf ein außerparlamentarisches System zu erreichen", sagte Kerbl-Cortella. Die Anklage lautet auf Vorbereitung eines Hochverrats (§ 244 Absatz 2 StGB) und nationalsozialistische Wiederbetätigung im Sinn des § 3a Ziffer 2 Verbotsgesetz. Im Fall von Schuldsprüchen drohen den bis zu 20 Jahre oder gar lebenslange Haft, sollten die Geschworenen von einer besonderen Gefährlichkeit ausgehen.
"Leicht beeinflussbarer Bua"
Bei den Angeklagten im Alter zwischen 29 und 70 Jahren handelt es sich nicht um die führenden Proponenten der Vereinigung, deren Wurzeln in der Schweiz liegen. Diese sind igroßteils nicht mehr am Leben. Unter den Angeklagten befindet sich allerdings der vormalige "Gebietsleiter Tirol", der im Jänner 2014 in Rum (Bezirk Innsbruck-Land) und später in einer Pizzeria im niederösterreichischen Bezirk Mistelbach Rekrutierungsveranstaltungen zum Zweck der Anwerbung neuer Mitglieder abgehalten haben soll. Mit 29 Jahren ist er mit Abstand der Jüngste des Quintetts, sein Verteidiger Andreas Schweitzer nannte ihn "den Welpen der Organisation". Der Tiroler habe "als junger, leicht beeinflussbarer Bua" das Gedankengut der "Europäischen Aktion" vertreten, aber keine paramilitärischen Ziele verfolgt.
Neben dem Tiroler bekannten sich drei weitere Angeklagte zur Wiederbetätigung im Sinne des Verbotsgesetzes schuldig, bestritten aber, an einem geplanten Hochverrat mitbeteiligt gewesen zu sein. Zur Gänze nicht schuldig fühlte sich ein 66-Jähriger, der für Hans B. Schriften übersetzt, diesem Verbesserungsvorschläge für den YouTube-Auftritt der "Europäischen Aktion" unterbreitet und Propagandamaterial digitalisiert hatte. Der 66-Jährige lebe "in einer eigenen geistigen Welt, die er dem Buddhismus untergeordnet hatte". Er habe zwar Kontakt zur Vereinigung gehabt, sei aber nie Teil davon gewesen, sagte sein rechtsvertreter Johannes Zink.
Ein 50-jähriger Heizungstechniker hatte für die Neonazi-Truppe u.a. Vernetzungstreffen organisiert. Sein Verteidiger Rudolf Mayer erklärte, der Mann habe sich schon 2016 von der "Europäischen Aktion" verabschiedet. Einem 70-jährigen gebürtigen Ungarn warf die Anklage vor, der "Europäischen Aktion" Kontakte zu rechtsextremen Kreisen in Ungarn vermittelt zu haben, wo paramilitärische Trainings stattfinden sollten. Außerdem soll er an einer sogenannten Ostlandfahrt als Dolmetscher für deutschsprachige Rechtsextreme teilgenommen haben. Sein Rechtsbeistand Martin Mahrer meinte, sein Mandant lehne das Hitler-Regime kategorisch ab: "Es tut ihm inzwischen leid, dass er sich dieser ‚Europäischen Aktion‘ angenähert hat. Er hatte dort keine Führungsfunktion inne."
Alle auf freiem Fuß
Die fünf Angeklagten befinden sich allesamt auf freiem Fuß, was Verteidiger Franz Karl Juracka, der einen 42-Jährigen vertritt, darauf zurückführte, dass von ihnen keine besonders hohe "Gefahrenlage" ausgehe. Der 42-Jährige hatte Aufkleber und Flyer der "Europäischen Aktion" verteilt. Juracka nannte das "Gefälligkeitsdienste", der 42-Jährige habe "als Postbearbeiter gedient. Ihm ist bewusst, dass er Unsinn gemacht hat".
Urteile kommende Woche
Der 42-Jährige erklärte in seiner Beschuldigteneinvernahme den Geschworenen, er habe "nicht sorgsam genug, viel zu unkritisch" die Schriften studiert, die ihm Hans B. übergeben habe. Er bekenne sich "absolut zur demokratischen Grundordnung" und sei daher schuldig, gegen das Verbotsgesetz verstoßen zu haben: "Ich war mir nicht bewusst, dass ich etwas so Schlimmes gemacht habe." Mit "Hochverrat und so fürchterlichen Dingen" habe er nichts am Hut.
Die Verhandlung wird heute, Dienstag, mit weiteren Beschuldigteneinvernahmen fortgesetzt. Die Urteile sind für kommende Woche geplant.