Einmal ein Konzert im Musikverein miterleben, die Staatsoper von innen sehen oder den Wohnort von Wolfgang Amadeus Mozart besuchen: Dafür reisen Touristen aus aller Welt nach Wien. Zumindest nach außen hin brüstet sich Wien gerne mit dem kulturellen Erbe von Schubert und Co.

Dass es in der "Welthauptstadt der Musik" zu wenige Musikschulen geben soll, passt so gar nicht zu diesem Image. Die Stadt Wien hat im Moment aber nur rund 15.000 Musikschulplätze in 15 Bezirken, aktuell sind 12.000 Kinder eingeschrieben. "Für eine Metropole mit fast zwei Millionen Einwohnern ist das Angebot sehr dürftig", sagt Bernadette Arnolder, Landesgeschäftsführerin und nicht amtsführende Stadträtin der ÖVP Wien. Ihr Ziel ist es, das Angebot um acht Musikschulen auf insgesamt 23 zu erhöhen, also eine Musikschule pro Bezirk.

Pinke Wahlkampfforderung

Die ÖVP Wien hat bereits entsprechende Anträge im Gemeinderat eingebracht. Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, der sich im Wahlkampf der Pinken noch für eine Ausweitung der Musikschulen ausgesprochen hat, gibt sich jetzt zögerlicher und sagt: "Bei jeder Angebotserweiterung muss die budgetäre Gesamtsituation berücksichtigt werden." Dennoch werde kontinuierlich am Ausbau der Musikschul-Angebote gearbeitet, so Wiederkehr. Derzeit warten 1.600 Kinder und Jugendliche auf einen Platz in einer Musikschule. Allein auf der Warteliste für "Elementares Musizieren" stehen 1.300 Schülerinnen und Schüler. Im Bundesländervergleich schneidet Wien bei den Musikschulen am schlechtesten ab. "Wir haben ein sehr großes Musikschul-Angebot in Wien", entgegnet Elisabeth Pilwachs, Pressesprechern der Wiener Musikschulen, und erklärt, die Wartelisten beträfen vor allem beliebte Instrumente wie Klavier oder Gitarre: "Das sind die Renner." Um einen Platz für einen dieser "Renner" zu bekommen, wartet man mitunter lange: Für Klavier gibt es 1.700 Voranmeldungen, für Gitarre 850, für Violine 420. "Die Zahlen können nur einen ungefähren Überblick bieten", sagt Wiederkehr. Auf den Listen befinden sich demnach auch Kinder, die inzwischen einen Platz in einer anderen Ausbildungseinrichtung haben oder die bereits einen Platz haben und lediglich auf eine Musikschule der Stadt Wien wechseln wollen.

Zur ÖVP-Forderung, dass jeder Bezirk eine eigene Musikschule braucht, sagt Wiederkehr: "Die Musikschulen bieten an rund 90 Standorten in allen Bezirken eine musikalische Ausbildung." In diese Zahl inkludiert ist die Wiener Singschule, die in rund 50 Volksschulstandorten aktiv ist. "Ein alarmierender Wert, wenn man bedenkt, dass es in Wien fast 300 Volksschulen gibt", meint hingegen Arnolder (ÖVP). An 26 Volksschulen gibt es "Elementares Musizieren für ganze Volksschulklassen" ("Elemu"). "Mit ‚Elemu‘ gehen wir bewusst den Weg, nicht nur ausgewählte, sondern alle Kinder eines Klassenverbandes zu erreichen", sagt Wiederkehr und betont, dass bei der Entwicklung neuer Bildungscampusprojekte auch die Musikschulen mitgeplant werden.

Musikschulen siedeln um

Etwa wurde im Bildungscampus Friedrich Fexer im 22. Bezirk eine Außenstelle der Musikschule Donaustadt untergebracht und die Musikschule Leopoldstadt ist zu Jahresbeginn in den neuen Bildungscampus Christine Nöstlinger übersiedelt. Die Musikschule Landstraße soll im Bildungscampus Aron Menczer, der voraussichtlich noch heuer fertiggestellt wird, untergebracht werden. Auch die Musikschule Favoriten, deren Räumlichkeiten derzeit sehr eng sind, soll 2023 im Bildungscampus Inner-Favoriten übersiedeln, und im Campus Deutschordenstraße im 14. Bezirk, der 2022 in Betrieb gehen soll, wird es eigene Räume für Musikschulen geben.

Vor kurzem wurden in den Musikschulen die Gebühren erhöht, die Kosten betragen seither 311 Euro (Einzelunterricht) beziehungsweise 180 Euro (Zweiergruppe, jeweils pro Semester, 50 Minuten pro Woche). In der Singschule zahlt man für ein halbes Jahr 80 Euro. Die Gebührenerhöhung hat FPÖ-Abgeordneten Stefan Berger Anfang des Jahres kritisiert. Wer es sich leisten kann, nimmt Privatunterricht, etwa an der Johann-Sebastian-Bach-Musikschule im Gasometer, und auch dafür gibt es Förderungen der Stadt Wien, und das günstige Kursangebot der Wiener Volkshochschulen richtet sich ebenfalls an Kinder und Jugendliche.