Die heutige 100. Folge der "Wiener G’schichten" ist einem großen Journalisten der Stadt gewidmet: Herbert Hufnagl. Der Autor der berühmt gewordenen Kolumne "Kopfstücke" im "Kurier" ist vor rund 16 Jahren am 14. Oktober 2005 verstorben. Mit über 5.000 kleinen Textkunstwerken, die ab 1988 täglich unter diesem Titel erschienen, setzte er Maßstäbe im Qualitätsjournalismus. Witzig, hintergründig, hochintelligent und stilistisch brillant prägte Hufnagl als Ahnherr eine Form, die seither niemand erreichte.

Hufnagl hatte tausende Fans. Manche schnitten seine Artikel aus und sammelten sie. Schließlich erschienen noch Bücher mit seinen Storys. Ein besonders prominenter Fan war André Heller. Der schrieb 2005 nach dessen Tod über Hufnagl: "Schon seine Initialen ergeben einen Lacher. Die künstlerische Lebensleistung von HH ist, die grassierenden grotesken Verhältnisse in Grund und Boden gelacht zu haben. Mit einem Lachen, das ansteckend ist und lange in uns nachhallt."

Herbert Hufnagl. - © aus Buch Kopfstücke
Herbert Hufnagl. - © aus Buch Kopfstücke

Hufnagl, der sich besonders über Bürokratie und den Amtsschimmel lustig machte, erschuf Abkürzungen und Wortschöpfungen, die noch heute gängig sind: "Hättiwari", als er ironisch erklärte, was Gerhard Berger hinderte, Formel-1-Weltmeister zu werden. Oder: "UHBP" für "Unser Herr Bundespräsident", sowie "ULP" für "Unsere Liebe Post". Schließlich erfand Hufnagl auch noch das "GAFFKUL ("Geheimes Amt für Formulierungskunst und Ausheckertum").

Hufnagl arbeitete sein ganzes Berufsleben beim "Kurier". 1945 in Judenburg geboren, ging er 1968 gleich nach der HAK-Matura zur Zeitung. Er startete in der Chronik-Redaktion und schrieb rasch an einer anderen berühmt gewordenen Glosse mit. Den "Watschenmann", einst von Jörg Mauthe (1924-1986) als legendäre Radiosendung ins Leben gerufen, der ab 1976 in Printform in der Zeitung erschien. Auch eine der ersten Kinderkolumnen mit dem Titel "Kindereien" ging auf HHs Konto. Darin ging es auch um Probleme des kleinen Sohnes Michael, der Jahre später Sportchef beim "Kurier" werden sollte. Michael ist noch immer Journalist, in einem Salzburger Verlagshaus tätig und kümmert sich um Andenken und literarischen Nachlass von Herbert Hufnagl,

Der kam 1988 über Umwege zu seinen "Kopstücken", die ebenfalls mit Literatur zu tun hatten. HH war Kulturchef der Zeitung geworden. Der "Opernnarr", so Sohn Michael, trat im bürgerlichen "Kurier" für liberale Kulturberichterstattung und als Person für den Schriftsteller Thomas Bernhard ein. Das passte Eigentümern aus Industrie und Wirtschaft nicht. Sie verlangten erfolgreich von der Chefredaktion Hufnagls Ablöse als Kulturchef. Der blieb aber dennoch bei seinem Blatt und erfand nun jene Kolumne, mit der er Zeitungsgeschichte schreiben sollte. Eine der berühmtesten Geschichten, die HH auch meist als "Draufgabe" bei seinen Lesungen zum Besten gab, soll hier auszugsweise in Erinnerung gerufen werden. Es geht um einen realen Vorfall in einer Schnellbahn in Wien, die Hufnagl unnachahmlich in folgender Weise wiedergab:

"... So sagte kürzlich ein Kontrollor zu einem Schwarzen, in Wien auch liebevoll Nega genannt, launig: Nau Bimbo, zeigmadeifoakoatn! Natürlich hätte er es auch mit einem Ihre Fahrkarte, bitte versuchen können, aber es war ja unklar, ob der exotisch aussehende Fahrgast das verstehen würde. Nau Bimbo, zeigmadeifoakoatn! verstand er sofort und antwortete: Bimbo hat nicht Fahrkarte. Bimbo hat auch nicht Wochenkarte. Bimbo hat Jahreskarte - und Bimbo ist Rechtsanwalt. Guter Rechtsanwalt. Und jetzt will Bimbo Nummer von Kontrollor, damit Bimbo Kontrollor klagen kann!

So ein Fall dürfte im Kontrollors-Seminar nicht durchexerziert worden sein. Das Leben ist eben voller Überraschungen."