Mehr als drei Millionen Verstorbene ruhen derzeit in 500.000 Gräbern auf Wiens städtischen Friedhöfen. Manche Tote haben noch nach dem irdischen Dasein eine Sonderstellung: Da sind etwa die Bundespräsidenten, die seit 1951 in einer eigenen Gruft bestattet werden. Wie viele davon künftig Platz haben, ist ein wohlgehütetes Geheimnis. Doch die Friedhofsverwaltung versichert, dass alle unsere Staatschefs dieses Jahrhunderts noch hier ihre letzte Ruhe finden werden können; ihre Ehefrauen inklusive.

Rund tausend weitere Personen sind in "Ehrengräbern" der Stadt bestattet. "Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kunst, die zum Ansehen Wiens maßgeblich beigetragen haben" werden so laut Verordnung über den Tod hinaus auf wienerische Tour "geadelt". Zu den "Künstlern" können schon auch Fußballer, wie Matthias Sindelar, Politiker und prominente Unternehmer zählen. De facto entscheidet das der jeweilige Bürgermeister. Das Kulturamt redet mit. Die Ehrung bedeutet auch materielle Vorteile: Die Pflege des Grabs übernimmt zumindest zum Teil auf Friedhofsdauer die Stadtverwaltung.

"Erfunden" wurde das System 1874. Damals hob man den Zentralfriedhof aus der Taufe. Doch kaum jemand wollte sich so weit draußen in Simmering begraben lassen. So schuf man für Ludwig van Beethoven und Franz Schubert erste Ehrengräber - der Riesenfriedhof war damit salonfähig.
In einer eigenen Publikation "Ehrengräber" wird über die Promi-Toten Buch geführt. Inzwischen sind zwei Bände erschienen. Die Werke sind im Souvenirshop am Zentralfriedhof käuflich zu erwerben. Wer am Weltspartag Geld sparen will: www.friedhoefewien.at/en/ehrengraeber.
Über all diese Leistungen führen die Friedhöfe Wien penibel Buch. Sie sorgen gemeinsam mit der Bestattung für weitgehendste Zufriedenheit bei den Angehörigen der Wienerinnen und Wiener, die letzte Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Mit Diskretion, Pietät, einer gewissen Eleganz und auch mit Pomp sind sie - auch wenn man ihre Hilfestellungen lange vermeiden will - eine Zierde des Stadtservice geworden. Dazu passt auch die Legende, dass den Mitarbeitern gleichsam eingebläut worden sein soll, niemals zu einer Kundschaft "Auf Wiedersehen" zu sagen.
So manches Ehrengrab weist seine Kuriositäten auf. Der Grabstein von Udo Jürgens (1934-
2014) stellt eine Nachbildung seines weißen Klavieres dar. Karikaturist und Kettenraucher Manfred Deix (1949-2016) ließ als Katzenliebhaber eine seiner Figuren zigarettenrauchend auf sein Grab setzen. In ihrem Inneren finden sich einige Katzenhaare, eine CD der Beachboys und eine Flasche Wein. - Könnte ja sein, dass man so etwas am jüngsten Tag brauchen könnte. Man weiß ja nie.
Auf dem sonst extrem ruhigen und friedlichen Friedhof soll es vor dem Grab des bedeutenden bildenden Künstlers Franz West (1947-2012) lautstark geworden sein. Wests schon zu Lebzeiten von manchem Hausmeister unverstandene Kunst soll angesichts seiner riesigen rosa Grabsteinskulptur zu lautstarker Diskussion zwischen Passanten geführt haben.