Ein eigenes Spital zur Behandlung von Seuchen und Infektionserkrankungen - mit dem Kaiser-Franz-Josef-Spital ("KFJ") war die Gemeinde Wien einst auch auf diesem Gebiet medizinische Vorreiterin. Die Stadtverwaltung versucht heute, die alteingesessene Einrichtung, mit adaptiertem Namen als "Klinik Favoriten" im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern.
Die alte Bezeichnung scheint auch dem befragten Busfahrer noch immer geläufiger: "Ah, Sie meinen des Ka-Eff-Jeh." Schon der vorher promotete Name "Sozialmedizinische Zentrum Süd" für das gesamte Gelände hatte die Wiener eher verwirrt als ihrer Orientierung gedient.
Heute ist die modernisierte Klinik eines der Wiener Spitalszentren im Kampf gegen Corona. Wo einst noch "Exspektanzen" und Quarantänestationen die Ausbreitung von Epidemien stoppen sollten, führt heute der weithin bekannt gewordene Infektiologe Christoph Wenisch auf modernem Spitzenstandard das medizinische Zepter. Er hat es mit seiner "Victory"-Geste nach der ersten Corona-Impfung sogar auf die Seite eins der "New York Times" gebracht.
Das Franz-Josef-Spital wurde jedenfalls im Oktober 1891 mit sieben Pavillons und 450 Betten vom gleichnamigen alten Kaiser noch selbst eröffnet. Eigentlich sperrte es ja "inoffiziell" schon drei Jahre früher auf - mit 60 Seuchenbetten in einem ersten und einzigen Pavillon. Damit wurde das frühere "Blattern-Spital" der Stadt aus 1873 in seiner Rolle endgültig abgelöst. Die "Blattern" waren die damals besonders gefürchteten "Pocken". Sie gelten heute nicht zuletzt aufgrund einer Impfpflicht in Österreich und in der ganzen Welt als vollständig ausgerottet.
1898 starben im KFJ die letzten Pestopfer der Stadt: der Internist Hermann Franz Müller und die Krankenschwester Albine Pecha. Sie hatten sich bei der Behandlung eines Institutspflegers im Allgemeinen Krankenhaus angesteckt. Dieser holte sich bei der Arbeit mit Versuchstieren die gefürchtete alte Seuchenkrankheit. Der Assistent überlebte, Arzt und Schwester aber starben daran.
1906 wurden in Favoriten die ersten hundert Kinderbetten in das KFJ integriert. 1921 kommt eine reine Männer-Abteilung für Geschlechtskrankheiten dazu. Nach und nach entstand ein Vollspital mit heute 15 Abteilungen und 646 Betten und jährlich über 322.000 Behandlungen in den Ambulanzen. Als 1938 die Nationalsozialisten Österreich okkupieren, wird das Spital erstmals umbenannt. Bis zur Befreiung 1945 heißt es "Robert-Koch-Krankenhaus". Dann regiert wieder der alte Herrscher-Name, an dem die Wiener bis heute gern festhalten.
1953 triumphiert das Krankenhaus vor Stolz protzend in einer Presseaussendung der Stadtverwaltung: Das KFJ ist das erste Spital mit durchgehender Radio-Versorgung für alle Patienten. Die Nutzung von Fernsehern, Computern, Laptops, Tablets oder gar Handys am Patientenbett sind weitestgehend neueste Errungenschaften.
Die Tradition im Kampf gegen die Epidemien hat das Haus immer beibehalten. Während der Pandemiewellen wurden hier bis zum Stichtag Ende November 2021 fast 3600 Kranke erfolgreich behandelt. 560 Corona-Patienten sind bisher im KFJ verstorben.