Den Stadtrand von Wien bildet ein Kranz meist bezaubernder alter Dörfer. Die ursprüngliche Struktur ist oft noch klar erkennbar. Kirche, Vorplatz und eine Art Hauptplatz mit Läden zur lokalen Versorgung, Heurigenschenken und Buschenschanken in Weingärten haben die Ortschaften seit jeher geprägt.
Der alte Spruch "Wien is a Dorf" war der Anstoß für zwei Wiener zur Neuentdeckungs-Reise an die Peripherie der Stadt. Vergangene Lockdowns boten sich dafür an. "Da konnte man auf Wanderungen wunderbar durch alte Orte gehen und Dinge bemerken, die man sonst nie so beachtet", sagt Beppo Beyerl (65). Er ist der Anekdotensammler und Geschichtenerzähler des Autorenduos eines neuen Buches im Braumüller-Verlag "Die Dörfer von Wien". Thomas Hofmann (57) ist der "Geograf". Als eigentlicher Paläontologe ist der "Zwilling" für den "wissenschaftlichen Teil" zuständig. Vor allem aber trieb der emsige Archivar Hofmann unglaubliche Bilder in Form alter Ansichtskarten und Stiche zur Illustration alter Ortskerne auf.
Entstanden ist so ein Band voll amüsanter Anekdoten, "Gschichten" und Fotos von 32 Wiener Ortschaften. Als "Traumteam" hat Peter Pisa vom "Kurier" das Duo einmal bezeichnet. Das passt gut.
Der Kreis ihrer Wanderungen beginnt im Uhrzeigersinn bei Strebers-, Stammers-, Großjedlers- und Floridsdorf am linken Donauufer. Der heutige 21. Bezirk war einmal mit seinem "Spitz" samt 96 Meter hohen Kirchturm und Riesen-Amtshaus als Hauptstadt von Niederösterreich und Widerpart zu Wien konzipiert. Wiens Bürgermeister Karl Lueger machte aber "solchem Spuk" ein Ende: Floridsdorf wurde 1904 eingemeindet und zum Wiener Bezirk.
Der Kranz der weiteren Dörfer sei hier aufgezählt: Leopoldau, Breitenlee, Aspern & Essling, Kaiserebersdorf, Simmering, Ober- & Unterlaa, Rothneusiedl, Inzers-, Altmanns- und Atzgersdorf, Rodaun, Kalksburg, Mauer, Hetzendorf, Lainz, Ober & Unter-St.-Veit, Gaudenz-, Hüttel- und Hadersdorf, Breitensee, Dornbach, Pötzleinsdorf, Neustift & Salmannsdorf, Grinzing, Heiligenstadt, Nuß-, Josefs- und das Kahlenbergerdorf.
Von vielen Besonderheiten im Buch seien hier wenige angeführt:
Der Platz von "Rapid" war nicht immer für alle zu finden. 1920 hieß es noch "Die Pfarrwiese bei der Brauerei in Hütteldorf". Das Bier gibts schon lange nicht mehr.
In Großjedlersdorf sind sieben Straßen nach Fußballern benannt. Dort residierte nämlich einst die "Admira" mitsamt "Wunderteam"-Spielern. Sie zog erst später in die Südstadt bei Mödling.
Den "Dornbach" gibt es als Gerinnsel in Hernals irgendwo. Der Bezirk liegt eher am Alser Bach.
In Breitensee gibt es das älteste Kino der Bundeshauptstadt.
Wien hat zwei Ölzeltgassen (3. und 23. Bezirk), weil Mauer 1938 eingemeindet wurde.
Das Josefsdorf am Kahlenberg besteht nur aus wenigen Häusern und einem Friedhof mit etwa zehn Gräbern. Dort ist der frühere Caritas-Prälat Unger begraben.
Im Schlosspark Pötzleinsdorf stehen vier Figuren, die 1881 den Ringtheaterbrand "überlebten".
Im Kahlenbergerdörfl ist Nachtklub- und Eden-Bar-Chef, Waffennarr Werner Schimanko begraben - sehr weit weg von seiner Frau.
Im Dorf befindet sich auch Wiens steilste Straße, die "Eisernehandgasse".