Christoph Wenisch (54) wurde durch Corona für die breitere Öffentlichkeit einer der bekanntesten Ärzte. In seinem Fach, der Infektiologie, hat der Kämpfer gegen Seuchen und Epidemien schon lange einen hervorragenden Ruf. Der schlaksige, zumeist lächelnde, jovial erklärende und pointiert mit wienerischem Idiom formulierende Experte erlangte zu Beginn 2021 Weltberühmtheit. Er war unter den Ersten, die symbolisch für die Corona-Impfung ausgesucht wurden. Mit hochgehobener Hand und "Victory-Zeichen" schaffte er es sogar auf die Titelseite der "New York Times".
"Das Gefühl des Zieleinlaufes ist das, was ich dabei im Schädel gehabt habe", sagt er. Der Primararzt der "Klinik Favoriten", früher "Franz-Josef-Spital", sieht die Impfung als "echten Durchbruch". So wirbt er auf allen Kanälen dafür. Der fünffache Vater (Kinder: 5, 7, 9, 17, 26) bekam deshalb schon Morddrohungen, behielt aber sein Sunnyboy-Gemüt. Seit 17 Jahren führt Wenisch seine Abteilung. Sie umfasst derzeit 150 Mitarbeiter und gilt als Turm in der Pandemie-Schlacht. Die 66 Betten sind seit Monaten "bummvoll".
Im früheren "Kaiser-Franz-Josef-Spital" erbrachte man schon seit 1889 Pionierleistungen der Seuchenmedizin. Bis vor ein paar Jahren bestanden "Expectanzen". Da schirmte man lange viele Infizierte in Quarantäne ab. Der Kampf gegen "Blattern" (Pocken), Pest, Cholera, Tuberkulose, Gelbsucht und Grippe hat hier Tradition.
Für Wenisch und seine Mitarbeiter ist das nunmehrige "große Sterben" bei Covid eine "Katastrophe". Obwohl vom medizinischen Alltag abgebrüht, "ist dieser Tod für uns grauenhaft. Das ist wie ein leises Abtreten, wie ein Fade out in der Rockmusik." Der Mann weiß, wovon er spricht., denn Wenisch ist auch Gitarrist. Der Herr Primar spielte einmal sogar bei einer Band "Die hieß Lazareth, denn schließlich bin ich ja Arzt."
Angestoßen wurde seine Berufswahl als Kind. 1973 war er mit Scharlach "im Spital eingesperrt". Er konnte die Eltern wochenlang nur durch eine Glaswand sehen. "Einen solchen Schas" wollte er künftig anderen ersparen. "Es gab schon Antibiotika. Nur der Amtsschimmel hat nicht vertraut und lieber noch Schulen zugesperrt." Wenisch "wollte immer, das alles am besten mit Medikamenten weggeht". Nach dem Studium in Wien arbeitete er 1991 in einem Feldlazarett im Irak. Bei einer Typhusepidemie konnte er gleich helfen: Er setzte auf richtige Mittel und "rettete so erstmals Menschen". Beim Turnus befreite er am zweiten Tag einen Gastarbeiter von einem Bandwurm. Den präsentiert Wenisch noch heute als Trophäe im Glasflascherl.
Wenisch besitzt einen langen Atem. Derzeit trainiert er für seinen nächsten Triathlon. Alle fünf Jahre nimmt er am Wettbewerb in Klagenfurt teil: 3,8 Kilometer weit Schwimmen, 180 Radfahren und 42,2 km Laufen. Heuer will er "unter elf Stunden" bleiben. Marathonvergleiche in der Corona-Pandemie haben den Dauersportler geärgert. Auch "die Angstmache". Die Politik möge auf Experten hören. Für die FPÖ zitiert Wenisch das "Handbuch der Weltklugheit" aus dem 15 Jahrhundert: "Man messe Menschliches mit Menschlichem und Göttliches mit Göttlichem." Heißt: Wenn man Studien nicht interpretieren könne, "schweige man zur Medizin besser". Sonst setze es in seinem Fach eben ein "Nicht genügend, setzen!".