Die Stadt Wien setzt bei der Behandlung von Covid-19 auf eine neue, zusätzliche Strategie: Personen, die möglicherweise einer Risikogruppe angehören und die mit dem Virus infiziert sind, werden vom Gesundheitsdienst (MA 15) kontaktiert, um abzuklären, ob ein Einsatz spezieller Medikamente möglich ist. Die Gefahr eines schweren Verlaufs soll damit reduziert werden. Die Verabreichung erfolgt mittels Infusion oder durch orale Einnahme. "Aber es ist kein Impfersatz, das muss man mit aller Deutlichkeit sagen", erklärte Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) in einem gemeinsamen Pressegespräch mit dem Direktor des städtischen Gesundheitsverbunds Michael Binder, Landessanitätsdirektorin Ursula Karnthaler und Florentin Glötzl, der im Gesundheitsverbund für die Abwicklung zuständig ist.

Anwendung teilweise noch ohne Zulassung

Das neue Konzept sieht auch vor, Personen, die nicht infiziert sind, entsprechend zu behandeln. Zielgruppe sind Menschen, die etwa aufgrund von Erkrankungen trotz Impfung keine Antikörper bilden können. Längerfristiges Ziel sei es, dass die Therapie künftig auch über den niedergelassenen Bereich erfolgt. Derzeit sind die betreffenden Medikamente Sotrovimab als einmalige Infusion und Molnupiravir in Tablettenform, die zentral über den Bund eingekauft werden, aber noch nicht frei verfügbar. Molnupiralvir ist noch nicht einmal zugelassen - es wird laut Binder derzeit noch im Zuge eines sogenannten Compassionate Use-Verfahren angewendet.

"Dieses Verfahren erlaubt unter Berücksichtigung einer Reihe von bestimmten Kriterien den Einsatz am Menschen. Das heißt, es bedarf eines erhöhten Aufklärungs- und Dokumentationsaufwandes", so der Mediziner. Deswegen laufe der Einsatz dieser Medikamente - von der Beschaffung bis zur Vergabe - ausschließlich über die Gesundheitsbehörde. Eine formelle Zulassung werde aber noch im Februar erwartet.

Anti-Corona-Tablette für jeden ist noch ein Wunschtraum

Von dem Wunschtraum, dass es in jedem Haushalt einmal eine Tablette gibt, um damit gegebenenfalls eine auftretende Covid-Infektion zu mildern, ist man aber laut Hacker noch weit entfernt. "Wir befinden uns aber immerhin schon auf dem Weg dorthin. Das heißt, wir beginnen gerade damit, dem Wunschdenken vieler näherzukommen, dass wir ein Medikament zu uns nehmen können, das uns die ganze Impferei und das ganze Krisenmanagement erspart. Aber so weit sind wir noch lange nicht". Noch handle es sich bei dem Einsatz dieser Medikamente um einen Sondervorgang, um eine bestimmte Bevölkerungsgruppe zu schützen, so Hacker.

Konkret haben Menschen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf u.a., wenn sie älter als 50 Jahre und/oder übergewichtig sind oder eine Kardiovaskuläre Erkrankung aufweisen. Weiters betroffen sind Menschen mit chronischer Lungenerkrankung, Diabetes mellitus, Leber- oder Nierenerkrankungen, Immunsuppression, Krebs, Trisomie 21 oder schwangere Frauen ab der 29. Schwangerschaftswoche.

Aktuell können laut Florentin Glötzl täglich bis zu 1.000 Aufklärungsgespräche geführt und 16 Personen Personen pro Tag in der Covid-19-Infusionsambulanz mit Sotrovimab behandelt und "eine dreistellige Anzahl" an Patienten mit dem oralen Medikament Molnupiravir versorgt werden. Letztere bekommen die Tabletten nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch per Botendienst direkt nach Hause geliefert.

"Risiko kann um 80 Prozent gesenkt werden"

Im Jänner wurden laut Glötzl bereits 159 Hochrisikopatienten auf der Infusionsambulanz therapiert. Bei dieser Zielgruppe könne mit Sotrovimab laut Studien das Risiko für eine Spitalsaufnahme oder den Tod um rund 80 Prozent gesenkt werden.

Mit der oralen Behandlung (Molnupiravir) wurde am 20. Jänner begonnen. Bis zum 26. Jänner bekamen 112 Patienten das Medikament nach Hause geliefert. Mit diesem Medikament könne das Risiko einer Spitalsaufnahme oder den Tod um rund ein Drittel reduziert werden, hieß es.(rös)