Das vielfach unbekannte Wien mit seinen verschiedenen "ausgefransten" Facetten soll hier heute im Mittelpunkt stehen. Zahlreiche Anregungen von Lesern, Büchertipps und übermittelte Anregungen sollen ein Licht des Hinweises auf jene Seiten der Stadt werfen, die vielleicht sonst zu sehr im Schatten stehen mögen.
Ein Buchjuwel in diesem Zusammenhang ist zum Beispiel der Band "Wappenreiches Wien" aus der Edition Winkler-Hermaden: Eine Fundgrube für Interessierte, welche die Geschichte der Stadt aus heraldischer Sicht zu lesen vermögen oder dies lernen wollen. Autor Michael Göbl erzählt mit Hilfe 155 wunderbarer Farbabbildungen von Portalen, Giebeln und Fassaden der Häuser und Palais der Stadt seine Fach-Geschichte. "Wappen sind ein Feuerwerk der Symbolik", heißt es im Buch. Um sie an Hand herrlich gestalteter Erkennungszeichen zu entschlüsseln, bedarf der Leidenschaft und des Forschungsgeistes.

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Der bevorstehende Internationale Frauentag am 8. März ist Anlass, auf eine Lösung für die Gestaltung des Ehrengrabes der früheren Frauenministerin Johanna Dohnal (1939 - 2010) am Zentralfriedhof hinzuweisen. Es verfügte lange über keinerlei Grabstein oder gut sichtbaren Hinweis auf die wichtige Frauenpolitikerin. Diese hat sich während ihrer Regierungszeit zunächst als Staatssekretärin (ab 1979) und anschließend als erste Ministerin für Frauenfragen (bis 1995) große Verdienste um die Verbesserung der Situation der Frauen in Österreich erworben. Zahlreiche Reformen in Sozial-, Familien-, Scheidungs- und Bildungsrecht, Gleichstellung und Gewaltprävention gehen auf sie zurück.

Erst 2020 rief ein viel beachteter Dokumentarfilm "Die Dohnal" von Sabine Derflinger die Rolle der Feministin und SPÖ-Politikerin wieder ins öffentliche Bewusstsein. Unter Freundinnen und Freunden wie auch im Kreis ehemaliger Mitarbeiterinnen Dohnals wurde lange über eine Grabstein-Gestaltung diskutiert. Entsprechend der unprätentiösen Art der Politikerin hat sich die Familie nun für eine schlichte in den Boden eingelassene Platte mit Angabe des Geburts- und Sterbejahrs entschieden. Für das Konzept "Eine Wiese für Johanna Dohnal" hatte in einem Artikel auch ihre Mitkämpferin Irmtraut Karlsson plädiert. Dieser Vorschlag wurde nun letztlich umgesetzt.
Johanna Dohnal hatte sich übrigens gleich nach Einführung des "Eingetragene Partnerschaft-Gesetzes" 2010 mit ihrer langjährigen Lebensgefährtin verpartnert. Als diese nach Dohnals Tod eine Witwenpension beantragte, wurde der Antrag abgewiesen. Grund: Man sei nicht lange genug verpartnert gewesen.
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Am 27. April 1945 wurde nach der Befreiung die Unabhängigkeit Österreichs proklamiert. Die Erklärung dazu trägt Unterschriften von Karl Renner (prov. Staatskanzler), Adolf Schärf (SPÖ), Leopold Kunschak (ÖVP) und Johann Koplenig (KPÖ). Die damalige Politik legte recht großen Wert auf die Mitwirkung der Kommunisten. Sie hatten von allen Parteien im Befreiungskampf die größten Blutopfer unter den Mitgliedern zu verzeichnen und man zielte auf das Wohlwollen der Russen.
Nach den Pionieren der Unabhängigkeit sind in Wien Verkehrsflächen benannt, mit einer Ausnahme: Johann Koplenig. Seit Jahren bemühen sich Historiker und die KPÖ um seine Würdigung. Als Demonstration wurde auch schon einmal ein Stück Höchstädtplatz, wo sich einst das KP-Haus befand, "illegal" in Johann-Koplenig-Platz umbenannt. Ein offizieller Schritt historischer Gerechtigkeit scheitert nun an Niederungen der Lokalpolitik. Im Vorjahr hat der Vorsitzende des Unterausschusses für Verkehrsflächenbenennung, SP-Gemeinderat Georg Niedermühlbichler, der "Wiener Zeitung" die offizielle Umbenennung angekündigt. Allein es folgte keine Tat. Neos-Politiker unterer Chargen legten sich quer. Niedermühlbichler kürzlich etwas kleinlauter zur "Wiener Zeitung": "Wir werden deswegen nicht den Koalitionsfrieden in Wien gefährden."