Seit 1. März gilt wienweit das Parkpickerl. Mehr als 116.500 Wiener aus den neuen Pickerl-Bezirken 11, 13, 21, 22 und 23 haben in den vergangenen Wochen erstmals ein Parkpickerl beantragt. "Von den rund 93.000 Online-Beantragungen konnten etwa 90 Prozent bereits am ersten Tag bearbeitet werden", hieß es am Dienstag aus dem Büro von Verkehrsstadträtin Ulli Sima (SPÖ). Trotzdem klagten viele Wienerinnen und Wiener am Dienstag darüber, dass ihr "Pickerl" noch nicht zugestellt wurde. Deswegen forderten die Autofahrerklubs die Stadt auch auf, der Bevölkerung eine Schonfrist einzuräumen.

Die schlechte Nachricht lautet: Die wird es nicht geben. Wer kein Parkpickerl beantragt hat, muss zahlen. Denn die Anmeldung für ein Parkpickerl sei ab Dezember des Vorjahres möglich gewesen, hieß es am Dienstag. "Natürlich werden wir mit Augenmaß vorgehen, aber Freibrief ist das keiner", meinte ein Sprecher zur "Wiener Zeitung".

Die gute Nachricht: Wer das Pickerl noch nicht bekommen, aber bereits einen Antrag gestellt hat, wird nicht gestraft - denn das System sei in der Lage zu erkennen, für welches Auto ein Antrag gestellt wurde. Der ÖAMTC rät trotzdem dazu, den ausgedruckten Antrag hinter die Windschutzscheibe zu legen, wenn das Pickerl noch nicht da ist.

Jedenfalls sprach Sima am Dienstag von einem "historischen Tag für den Klimaschutz in der Smart City Wien". Gemeinsam mit dem Bezirksvorsteher der Donaustadt, Ernst Nevrivy (SPÖ), und Neos-Klubobfrau Bettina Emmerling verschaffte sich die Stadträtin einen ersten Eindruck von den neu gewonnenen Flächen im öffentlichen Raum in der Arbeiterstrandbadstraße. "Die Verbesserung durchs Parkpickerl ist jetzt schon evident. Noch gestern war hier in der Arbeiterstrandbadstraße alles zugeparkt - zu großen Teilen von Firmenwägen und Autos mit Nicht-Wiener Kennzeichen", betonte Nevrivy.

Aufbauend auf den Erfahrungen bisheriger Ausweitungen bringe die Einführung des Parkpickerls eine Reduktion der Auslastung der Parkplätze von bis zu 30 Prozent und einen massiven Rückgang von Autos mit Nicht-Wiener Kennzeichen. Bei der Einführung des Pickerls in den Westbezirken seien rund 8.000 Pkw-Fahrten weniger pro Tag verzeichnet worden, hieß es am Dienstag. Die gewonnene Fläche erleichtere die Parkplatzsuche und eröffne auch die Möglichkeit neuer Begrünungsmaßnahmen oder etwa den Bau von neuen Radwegen. Und die Abnahme von Falschparken um bis zu zwei Drittel erhöhe den Verkehrsfluss bzw. verhindere auch Behinderungen der Öffis.

"20 Prozent der Parkplätze weg"

Bei der Opposition sieht man hingegen naturgemäß mehr Nach- als Vorteile beim flächendeckenden Parkpickerl. In Aspern, Breitenlee, Essling, Neu-Essling oder auch Süßenbrunn gebe es hunderte an den Rändern unbefestigte Gassen, wo seit Jahrzehnten - vielleicht nicht immer StVO-konform, aber aus guten Gründen toleriert - geparkt werde. "Insgesamt stehen so etwa 17.000 von insgesamt 85.000 öffentlichen Parkplätzen im 22. Bezirk auf dem Spiel, wenn die Park-Sheriffs mit dem Autofahrer-Inkasso beginnen und auf bislang geduldeten und auch unverzichtbaren Stellplätzen tausende Strafzettel hinter die Scheibenwischer stecken", warnte FPÖ-Verkehrssprecher Toni Mahdalik.

"Auch wenn das Parkpickerl einen Beitrag dazu leistet, den Strom von Autopendlern nach Wien zu reduzieren und viele Bezirksteile vom Parkplatzdruck zu befreien, so ist es doch nur die Ausweitung eines veralteten Modells aus den 1990er Jahren und bringt damit viel Binnenverkehr", meinten wiederum die Grünen. Das bestehende System lade die Bevölkerung dazu ein, mit dem Auto zur nächsten U-Bahn-Station zu fahren, weil sie dort wieder leichter einen freien Parkplatz bekommen. "Damit wird ein großes Ziel des Parkpickerls, die Vermeidung von Autofahrten, klar verfehlt", meinte der Mobilitätssprecher der Grünen, Kilian Stark.

So sehr die Kritik die Oppositionsparteien auch eint - die Grünen sehen die Welt auf jeden Fall mit ganz anderen Augen als die FPÖ: Dort wo die FPÖ 20 Prozent aller Parkplätze in der Donaustadt vernichtet sehen, träumen die Grünen von Grünflächen und Radwegen. "Auf der werdenden Fläche von rund 100 Fußballfeldern könnten 10.000 Bäume gepflanzt, 100 Kilometer 3 Meter breite Radwege errichtet, 290 Kilometer Gehsteige um 1 Meterverbreitert und 290.000 Sitzbänke errichtet werden", rechnete Stark vor.(rös)