Die Ehrung war eigentlich schon für den 100. Geburtstag vorgesehen gewesen. Pandemiebedingt wurde es der 101.: Gestern Freitag wurde in Wien-St. Marx eine Straße nach Josef Staribacher (1921-2014), dem "Happy-Pepi" der Ära Kreisky, benannt. An der Adresse Josef-Staribacher-Straße (parallel zur Baumgasse im Bezirk Landstraße) wird sich künftig Wiens großes Veranstaltungszentrum befinden. Es wird gerade geplant.

Straßentaufe in St. Marx: Landtagspräsident Ernst Woller mit der Vize-Bezirkschefin Susanne Wessely und - fast unterm fallenden Enthüllungstuch verschwunden - dem Bundespräsidenten a.D. Heinz Fischer.
- © Paul VécseiWesentlichen Anteil an der Ehrung hat Wiens Landtagspräsident Ernst Woller (SP). Der war einst ein jugendlicher Revoluzzer in Staribachers Parteibezirk. Der für Energie zuständige Minister bewahrte aber ihn, wie auch andere junge AKW-Gegner in seinem Einflussbereich, im Zuge der Zwentendorf-Debatte vor SP-internen Konsequenzen.

Der populäre Staribacher brachte es während seiner Amtszeit auf rund 40 dokumentierte, volksnahe Spitznamen. Seine Sekretäre mussten penibel darüber Buch führen. Den bekanntesten, eben "Happy-Pepi", trug Staribacher wie einen proletarischen Adelstitel. Meist stellte er sich selbst damit vor oder er sagte einfach nur: "I bin der Stari."

Dass ihn auch fast jeder so nannte, war Ausdruck seiner Popularität und des optimistischen Gemüts. Der Sohn eines Straßenbahners war vollkommen unprätentiös, spartanisch und ein Sparmeister in der Amtsführung. Das bestätigten ihm selbst die Rechnungshofberichte seiner Ministerzeit. Darauf war er besonders stolz.

Der "Mann aus dem Volk" hat nie seine Herkunft vergessen und blieb ein Leben lang seinem Stil treu: strikter Antialkoholiker, persönlich bescheiden, gütig-humorvoll und als Minister immer kompromissorientiert. Er gehörte den vier Kabinetten Kreiskys (1970-1983) vom ersten bis zum letzten Tag an. Mit 13 Jahren Amtszeit wurde er so zum längstdienenden Chef des Handelsministeriums. Zu seinem Ressort gehörte auch Außenwirtschaft, Gewerbe, Konsumentenschutz, Industrie, Patentwesen und Bergbau. Sogar die Filmwirtschaft ressortierte unter seinen Minister-Fittichen.

Staribacher verstand sich immer als Vertrauensmann der Gewerkschaft, aus der er kam. Nie sah er sich als ein Vasall des Kanzlers Bruno Kreisky. Seine Arbeit machte er entsprechend selbstbestimmt. Vor allem führte er über diese Ära ein Tagebuch. Wissenschaftlich aufbereitet, steht es nunmehr auch der Öffentlichkeit zur Verfügung: https://staribacher.acdh.oeaw.ac.at

Als "Österreichs ranghöchste One-Man-Show" bezeichneten deutsche Medien einmal den Minister. Denn Staribacher, ein Vater des Erfolgs-Slogans vom "Wanderbaren Österreich", tat alles für den Fremdenverkehr. Er bestieg mit deutschen Journalisten Berggipfel, fuhr Rad, Ski und Kajak und ließ sich aus einem Hubschrauber abseilen.

In der Tasche hatte er immer eine Mundharmonika. Bei Kreiskys letztem Pressefoyer spielte er darauf "Muss i denn zum Städtele hinaus". Und er hatte immer einen kleinen "Taschenfeitel" eingesteckt. Damit teilte der Handelsminister so manchen Happen mit anderen. Es kam einmal bei einem Staatsakt zu Ehren: Ein deutscher Wirtschaftsmagnat bekam einen Orden überreicht. "Stari" hielt die Laudatio und versuchte dann die kleine Rosette, die zur Auszeichnung gehört, ins Loch am Anzugrevers des Geehrten zu stecken. Das war aber zugenäht. Der Magnat wechselte die Gesichtsfarben, der Minister hingegen griff entspannt zum Messer im Hosensack. Er säbelte das Knopfloch auf. Dann erklärte er zum Gaudium der Festgesellschaft: "Ich sehe, Herr Generaldirektor kaufen - ganz wie ich - die Anzüge von der Stange."
