Die Vienna Pride steht vor der Tür, der Monat Juni wird in Wien wieder zum Pride Month ausgerufen. Höhepunkt ist die 26. Regenbogenparade, die, so erhoffen sich die Veranstalter, am 11. Juni mehr als 200.000 Gäste auf der Ringstraße zum Tanzen und Feiern bringen soll. Was mit einer großen, bunten und lauten Party auf der Wiener Prachtstraße enden wird, hat einen ernsten Hintergrund. Die Organisatoren wollen auf die Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgender, intergeschlechtlichen und queeren (LGBTIQ) Menschen hinweisen.

"Wir feiern das große Comeback der LGBTIQ-Community", sagt Organisatorin Katharina Kacerovsky-Strobl. Das Motto der Parade lautet heuer "Pride against hate - make love, not war!" Dementsprechend wollen sich die Veranstalter auch "mit der "Ukraine und der dortigen Community solidarisieren".

Andersrum am Ring

Nach der Pandemie-bedingten Pause 2020 und der abgespeckten Version 2021, bei der man nur zu Fuß und ohne Musik-Trucks den Ring entlang gezogen ist, will man heuer wieder das volle Programm bieten. Start und Ziel der Regenbogenparade ist am 11. Juni gleichermaßen das Wiener Rathaus. Ab 11.30 Uhr werden die ersten Teilnehmer erwartet, um 13 Uhr soll sich der Tross entgegen der üblichen Fahrtrichtung (eben andersrum) in Bewegung setzen, ehe ab 18.30 Uhr am Rathausplatz die Abschlusskundgebung zelebriert wird. Das inoffizielle Motto ist selbstverständlich auch diesmal wieder Party, Party, Party. Von den Trucks wird der Bass wummern, auf der Straße soll getanzt und das Anderssein mit Stolz und ohne Scheu gefeiert werden - egal ob schrill, äußerst knapp oder herkömmlich gekleidet. Als Partner konnten die Veranstalter so unterschiedliche Organisationen und Firmen wie die Katholische Jugend, den Vienna Eagles Rugby Football Club, die Baumarkt-Kette Obi oder den ÖAMTC gewinnen.

Ohne die Partystimmung trüben zu wollen, hat die Vienna Pride auch ein ernstes Anliegen: Die Bekämpfung der Alltagsdiskriminierung von Leuten, die nicht den tradierten Geschlechterrollen entsprechen. "Die letzten zwei Jahre haben die Sichtbarkeit reduziert und auch die Akzeptanz", sagt Kacerovsky-Strobl. Der Hass im Netz gegen LGBTIQ-Menschen habe hingegen zugenommen. "Deswegen feiern wir für Liebe und Akzeptanz. Wir brauchen gleiche Rechte und Respekt für alle Menschen."

Hier gebe es vor allem in der Gesetzgebung noch Aufholbedarf. "Wir sind noch lange nicht rechtlich gleichgestellt", sagt Ann-Sophie Otte, Obfrau der Hosi. "Ich kann als lesbische Frau noch immer aus einem Café geschmissen oder bei der Wohnungssuche diskriminiert werden." Intergeschlechtliche Kinder dürfen in Österreich noch immer Operationen unterzogen werden. "Das ist Genitalverstümmelung", meint Otte.

"Raub an der Seele"

"Der Bund ist gefordert", sagt Nicole Berger-Krotsch, LGBTIQ-Sprecherin des SPÖ-Rathausklubs. "Es muss ein Gesetz her, um die Diskriminierung zu bekämpfen." Diese passiere auch Kindern. "Wir haben das Jahr 2022 und Therapeutinnen dürfen noch immer Konversionstherapien durchführen. Das ist ein Raub an der Seele." Die kürzlich beschlossene Aufhebung des Blutspendeverbotes für Homosexuelle sei zwar ein Fortschritt, erklärt Wiens Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (Neos), aber es brauche zusätzliche Maßnahmen. "Vor allem die jungen Leute haben in der Pandemie gelitten, auch jene aus der LGBTIQ-Community." Mit dem neuen queeren Jugendzentrum versuche die Stadt Wien, ein zusätzliches Angebot für Treffen mit Gleichgesinnten zu schaffen. Wien sei die "Regenbogenhauptstadt", so Wiederkehr. "Die Vielfalt muss gelebt werden."

Laufen und Schwimmen

Die Vienna Pride bietet neben der Parade zahlreiche weitere Events, wie etwa den Pride Run auf der Prater Hauptallee am 10. Juni oder den Vienna Pride Pool Day am 5. Juni im Schönbrunner Bad. Kulturinstitutionen wie die Albertina und das Kunsthistorische Museum bieten Sonderführungen, die Aids Hilfe Wien organisiert Gratis-Testungen, Kinofilme und Informations- und Diskussionsveranstaltungen runden das Programm ab. Alle Veranstaltungen sind auf viennapride.at/events zu finden.

"Hisst die Regenbogenfahne", fordert Organisatorin Kacerovsky-Strobl zum Mitmachen auf - auch "jene Menschen, die nicht zur Community gehören".