"Ich kann eine E-Mail zeigen", sagte der breitschultrige Mann zögerlich, während er nervös auf seinem Handy suchte. Das hat gedauert. Der Mann befand sich Ende Dezember im Zeugenstand des Bezirksgericht Hernals, vierter Stock Saal G. Verhandelt wurde der Antrag auf Zwangsverwaltung einer Immobilie. Jetzt traf das Gericht eine Entscheidung.

Gesucht hat der Mann Belege dafür, dass er für seinen Arbeitgeber, die Sveta Group, Reparaturarbeiten in Auftrag gegeben hätte, an Gangfenstern, an der Eingangstür, am Dach. Die Sveta Group, Besitzerin zahlreicher Immobilien in Wien, gehört auch das betreffende Mietshaus in der Ottakringer Straße.

Das Immobilienunternehmen hatte bereits im Februar vergangenen Jahres den Auftrag von der Schlichtungsstelle für wohnrechtliche Angelegenheiten der Stadt Wien bekommen, all diese Reparaturarbeiten durchzuführen. Aus Sicht der Hausgemeinschaft waren die Arbeiten schon monatelang überfällig und wenn, dann nur ungenügend durchgeführt worden. Man habe "lediglich oberflächliche Ausmalarbeiten" gemacht, heißt es in einer Beschwerdeschrift. Daher zog eine Mieterin vor Gericht, um die Reparaturen gerichtlich durchzusetzen. Beantragt wurde die Zwangsverwaltung des Wohnhauses - die "Wiener Zeitung" hat darüber berichtet.

Die vorgeschriebenen Arbeiten sollen durch einen zwangsweise eingesetzten Verwalter in Auftrag gegeben und durchgeführt werden - auf Kosten der Eigentümer. Kosten, die man sich im Fall der Sveta Group womöglich sparen wollte. So zumindest die Vermutung der Hausgemeinschaft.

Ein Antrag, der in Wien seinesgleichen sucht und dem jetzt tatsächlich stattgegeben wurde: "Zur Durchführung der mit vollstreckbarer Entscheidung der Schlichtungsstelle vom 25.02.2022, aufgetragenen und bislang noch nicht durchgeführten Arbeiten, für die Aufnahme und Tilgung des erforderlichen Kapitals, wird die Zwangsverwaltung der Liegenschaft in der Ottakringer Straße 1170 bewilligt und [der Inhaber einer großen Immobilienverwaltung] zum Zwangsverwalter gemäß §6 Abs. 2MRG, bestellt."

Seltenheit in der Branche

Das Objekt in der Ottakringer Straße wird also ab sofort unter Zwangsverwaltung gestellt. Eine Seltenheit in der Wiener Immobilienbranche. Zudem kommt ein Vermerk ins Grundbuch, die Eigentümer müssen Mietzinsreserven "der vorausgegangenen 10 Kalenderjahre" zur Verfügung stellen sowie der Klägerin 400 Euro Verfahrenskosten erstatten. So heißt es in dem 26-seitigen Beschluss des Bezirksgerichts Hernals vom Jänner 2023.

Die betroffenen Mieter zeigen sich erfreut über die Entscheidung. Immerhin ist die Sveta Group nicht irgendwer in Wien. Ihr Portfolio umfasst dutzende Häuser im ganzen Stadtgebiet, viele sind gerade dabei, saniert zu werden. Die aufgetragenen Reparaturarbeiten in der Ottakringer Straße dürften nicht an mangelnder Professionalität oder fehlendem Budget gescheitert sein.

Julia Gauglhofer von der Mieterschutzverband Österreich hat die Mieterin vor Gericht vertreten. Ihr komme das Immobilienunternehmen immer wieder unter: "Bei uns melden sich laufend Leute, die in Sveta-Häusern wohnen und auch Probleme haben, weil die Häuser teilweise nicht gut gewartet werden", berichtet sie. Auch sie freut sich über die Entscheidung des Gerichts. Anders sieht dies naturgemäß Gregor Klammer. "Wir haben die Aufträge der Schlichtungsstelle erfüllt. Die Entscheidung des Gerichts ist nicht richtig", sagt er auf Anfrage der "Wiener Zeitung".

Klammer ist Anwalt der Sveta Group und vertritt sie in der Sache. Er hat schon Rekurs angemeldet und will das Urteil von der nächsten Instanz, dem Landesgericht für Zivilrechtssachen, aufheben lassen. Ob das gelingt, werden erst die nächsten Monate zeigen. Bis dahin muss auch der eingesetzte Zwangsverwalter mit seinen Reparaturaufträgen warten.

Im Zeugenstand fand der Hausverwalter der Sveta Group dann tatsächlich noch etwas auf seinem Mobiltelefon: Kommunikation mit einer Partnerfirma, die belegen soll, dass die von der Schlichtungsstelle angewiesene Reparatur von Fenstern im Haus zumindest schon thematisiert wurden, in einer E-Mail. Nicht darin findet sich aber ein Vertrag oder auch nur ein Kostenvoranschlag. Das Gericht konnte er an diesem Dezembervormittag jedenfalls nicht  überzeugen.