Drei Tage nahm der Umstieg von fossiler auf erneuerbare Raumwärme in einem Wohnbau in der Huttengasse 77 in Ottakring in Anspruch. Nach einer thermischen Sanierung wurden die Gasthermen der 17 Wohnungen durch ein Wärmepumpensystem auf dem Dach ersetzt, erklärten Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky, Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál und Finanzstadtrat Peter Hanke (alle SPÖ) bei einem Hintergrundgespräch am Mittwoch.

Der Umbau funktioniert so: Anstelle der Gaskombithermen installierte Wien Energie Wohnungsstationen, die an das bestehende Wärmeabgabesystem mit Radiatoren angeschlossen wurden. Die Heizwasserleitungen führen nun über die Außenfassade im Innenhof in den ehemaligen Hobbyraum, der nun als Heizzentrale mit zwei Pufferspeichern für das Heizungswarmwasser, die elektronische Einrichtungen und Pumpen dient. Der Eingriff in die Wohnungen sei so minimal gewesen, dass sie auch während der Umstellungsarbeiten weiterhin genutzt werden konnten, wurde betont.
Die Stadt Wien hat sich bekanntlich zum Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2040 im Bereich der Gebäudewärme klimaneutral zu werden. Statt umweltschädigender Energieformen sollen dann nur noch klimafreundliche Alternativen zum Einsatz kommen. Derzeit entfallen laut Czernohorszky knapp 30 Prozent der Treibhausgasemissionen auf den Gebäudesektor, fast 90 Prozent der CO2-Emissionen werden von Gasheizungen verursacht. Dennoch habe Wien bundesweit den geringsten Energieverbrauch für Heizen und Warmwasser pro Kopf (4.800 kWh/Jahr/Kopf) und der Verbrauch sei seit 2005 sogar um 17 Prozent gesunken.
2,4 Milliarden Euro in drei Jahren
Laut dem Klimastadtrat dürfe Klimaschutz nur im Sinne der sozialen Gerechtigkeit passieren. Das bedeute, die Auswirkungen des technischen Umstiegs sollen minimal gehalten werden, leistbar sein und die Lebensqualität soll damit sogar erhöht werden - dafür sei wiederum eine soziale Abfederung durch finanzielle Förderungen nötig: "Wir investieren in den nächsten drei Jahren mehr als 4,2 Milliarden Euro in den Ausstieg aus Gas. Der Gesamtinvestitionsbedarf zur Dekarbonisierung des Gebäudebestands beträgt schätzungsweise knapp 30 Milliarden Euro", so Hanke. Etwa die Hälfte davon entfalle auf thermisch-energetische Sanierungen und rund 9 Milliarden Euro würden die Heizungsumstellungen selbst betreffen, sagte Hanke.
Hier sei auch der Bund gefordert - er müsste die Förderbudgets für thermische Sanierungen und Heizungsumstellungen sukzessive erhöhen. Und das wichtigste rechtliche Instrument für den Umstieg - das Erneuerbare-Wärme-Gesetz - fehle nach wie vor. Ebenso würden wichtige Begleitgesetze fehlen, wie etwa beim Wohnungseigentumsgesetz, beim Mietrechtsgesetz oder beim Gaswirtschaftsgesetz, wie Gaál erläuterte.
Eine Bestandsanalyse zeige, dass es in Wien in 74.000 Gebäuden mit 474.000 Wohnungen dezentrale Gasgeräte gibt. Fast 80.000 Haushalte heizen oder kochen demnach mit Gas, obwohl Fernwärme vorhanden ist. Diese könnten aber leicht auf Fernwärme umgerüstet werden. Bis 2040 soll diese nämlich ohne den Einsatz von Erdgas produziert werden und sich 55 Prozent der Fernwärme aus Geothermie und Großwärmepumpen zusammensetzen. Der übrige Anteil soll aus Müllverbrennung, industrieller Abwärme, Kraft-Wärme-Kopplung und Biomasse kommen. Der Anteil der großen Kraftwerke, der Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, werden laut Klimaplan 2040 nur noch bei 13 Prozent liegen.
100 Projekte bis 2025
Eine weitere Alternative zum Gas seien Niedertemperatur-Nahwärmenetze. Sie versorgen mehrere Gebäude mit Wärme und Kälte und können mehrere unterschiedliche Quellen einbinden - wie etwa Erdwärme, Solarthermie, Abwärme und Abwasserwärme. Als Lösung für einzelne Gebäude würden sich wiederum Wärmepumpen gut eignen.
Das aktuelle Projekt in der Huttengasse mache jedenfalls deutlich, dass die Beheizung und Kühlung von Gebäuden ohne fossiles Gas tatsächlich möglich sei. "Bis zum Jahr 2025 soll dieses Beispielportfolio 100 Projekte umfassen", so Czernohorszky.(rös)