Ein Fiakerunternehmen hat sich erfolgreich gegen Vorwürfe von Tierschützern gewehrt. Fiaker Paul klagte den Verein gegen Tierfabriken, weil dieser unter anderem behauptet hatte, Fiakerpferde würden aufgrund der Hitze in Wien immer wieder kollabieren. Diese Behauptung ist falsch und zu unterlassen, urteilte nun das Oberlandesgericht Wien. Die Entscheidung könnte richtungsweisend sein in der immer wieder aufflammenden Debatte um eine Absenkung des Temperaturlimits, bis zu dem Kutschenpferde arbeiten dürfen.
"Ich bin mein Leben lang kein Kläger gewesen, aber einmal reicht es", sagt Johann Paul Senior gegenüber der "Wiener Zeitung". Schon seit langem fühlen sich Fiaker von Tierschützern regelrecht terrorisiert. "Das sind Menschen, die uns dauernd verfolgen. Die fotografieren alles, was Fiaker in einem schlechten Licht darstellt: wenn einer um fünf Zentimeter über sein Stellplatz steht oder in der Nase bohrt", erklärt Johann Paul Junior. Die Aufnahmen landen dann im Internet oder bei der Verwaltungsbehörde. Als dann noch Behauptungen dazukamen, die man als eindeutig falsch und diffamierend empfand, klagte das Fiakerunternehmen Paul den Verein gegen Tierfabriken.
Bereits im Juni 2022 hat das Handelsgericht Wien dem Kutscherbetrieb recht gegeben. Die Tierschützer beriefen. Nun bestätigte das Oberlandesgericht Wien das Urteil: Die Behauptung sei falsch und zu unterlassen, dass Fiakerpferde aufgrund der Hitze in Wien immer wieder kollabieren würden. Selbiges gilt für die Behauptung, dass die Unterbringung der Fiakerpferde in ihren Stallungen meist reine Boxenhaltung ohne Auslauf bedeuten würde und oft unter fürchterlichen Bedingungen erfolge. Eine Revision hat das Gericht nicht zugelassen. Das Urteil ist somit rechtskräftig.
Viel Auslauf und Bewegung
Das Oberlandesgericht Wien stützte sich unter anderen auf die Expertise des Wiener Veterinäramts, dem keine Fälle von Hitzekollaps bei Fiakerpferden bekannt sind. Zudem konstatierte das Gericht, dass die überwiegende Mehrheit der Betriebe ihren Pferden mehr Bewegung, Auslauf und größere Boxen bietet, als dies in der ersten Tierhaltungsverordnung vorgesehen sei.
"Ich will mein Geschäft erhalten. Ich quäle ja meine Tiere nicht. Im Gegenteil", sagt Paul Junior. Auch diese Ansicht teilt das Gericht. Die Tierschützer hatten eines von Pauls Pferden fotografiert, veröffentlicht und behauptet, dass dieses abgemagert sei und in diesem Zustand nicht mehr vor die Kutsche gespannt werden sollte. Hier hatte bereits im vergangenen Jahr eine Tierärztin erklärt, dass nicht festgestellt werden könne, dass das Pferd zum Zeitpunkt der Aufnahme unterernährt oder vernachlässigt sei. Das Oberlandesgericht urteilte, dass die Behauptungen hinsichtlich abgemagerter Tiere entkräftet seien. Die regelmäßig in tierärztlicher Betreuung befindlichen Pferde sind laut Veterinäramt Wien in einem trainierten und guten Zustand.
59 Stallvisiten pro Jahr
Durch das für Tierschutz zuständige Veterinäramt werden jährlich rund 2.500 tierärztliche Kontrollen bei den Pferden durchgeführt. Jedes Pferd wird durchschnittlich acht Mal jährlich von Amtstierärzten auf körperliche und geistige Gesundheit untersucht. Ebenso werden 59 Stallvisiten pro Jahr durchgeführt, womit jeder Stall durchschnittlich zweimal pro Jahr kontrolliert wird. Bereits 2008 haben die Veterinärmedizinische Universität, die Tierschutzombudsstelle und die Universität für Bodenkultur eine gemeinsame Studie zu Hitzestress bei Pferden durchgeführt - und keinen feststellen können. Nach der Expertise von Universitätsprofessoren erfolgte nun auch die rechtliche Bestätigung.
Damit dürfte die Diskussion über die Absenkung der Temperatur ab der die Pferde hitzefrei bekommen (derzeit 35 Grad mit verstärkten behördlichen Kontrollen ab 30 Grad) vom Tisch sein - oder zumindest viel schwerer zu argumentieren.