Wie nun weitere Recherchen der "Wiener Zeitung" ergeben, ist die Abbruch-Entscheidung nicht bloß aus rein sachlichen, sondern auch aus politischen Gründen gefallen: Die Opec würde nämlich nur in Wien bleiben, wenn ein Neubau im Herzen Wiens bezogen werden kann. Dies ist insofern brisant, als damit die Unabhängigkeit der Rathaus-Beamten deutlich in Frage gestellt wäre.

Faktum ist, dass nach dem Denkmalschützer Friedmund Hueber nun mit Manfred Wehdorn auch der zweite involvierte Sachgutachter eine Abriss-Empfehlung klar dementiert: "Weder Hueber noch ich haben hier einen Abriss empfohlen - kein Gutachter der Welt würde das tun. Jeder Wiener wäre glücklich, wenn das Haus erhalten bliebe", sagt Wehdorn. Allerdings hätten seine Untersuchungen ergeben, dass es "fast unmöglich sei", das Objekt unter Denkmalschutz zu stellen.

Öffentliches Interesse überwog

Daher könne er angesichts der Bedeutung der Opec für Wien die Abriss-Entscheidung nachvollziehen: "Wenn die Politik in Abwägung des öffentlichen Interesses zu diesem Schluss kommt, dann stehe auch ich als Manfred Wehdorn zu dieser Entscheidung." Denn letztlich hätte es die Stadt Wien alles andere als leicht gehabt: "Die Opec hat ja damit gedroht, aus Wien wegzugehen. Sie wollte aber nur in einen Neubau in den 1. Bezirk. Bloß wohin? Es gibt nur diese eine Möglichkeit", meint Wehdorn.

Die politische Dimension für die Abriss-Erlaubnis wird auch in der zuständigen MA19 (Stadtgestaltung) - zumindest teilweise - bestätigt: "Der Aspekt der Opec war sicher im Hinterkopf. Schließlich ist das ja ganz wichtig für Österreich", erklärt MA19-Leiter Franz Kobermaier. Allerdings sei die Letztentscheidung "rein fachlich" gewesen. "Ich hätte bei jedem anderen Bauwerber auch so entschieden", stellt Kobermaier klar .

Da das Haus technisch völlig intakt ist, war für den Abriss in der Schutzzone das nicht-vorhandene öffentliche Interesse für das Stadtbild ausschlaggebend (§ 60d der Wiener Bauordnung). "Das Gebäude ist störend, die Fassade weist zu viele Brüche auf. Daher ist ein Neubau die bessere Lösung", erörtert Kobermaier.

Vertrag mit Opec nicht fix

Damit widerspricht er auch einer Expertin des Unesco-Denkmalrates Icomos, die vor einem Verlust für das Welterbe gewarnt hat. "Auch im Weltkulturerbe muss es eine Weiterentwicklung geben."

Brisant ist auch, dass der Umzug der Opec vom Donaukanal in den 1. Bezirk noch gar nicht unter Dach und Fach ist. Laut dem Büro von Ursula Plassnik (ÖVP) fehlt noch die entscheidende Unterschrift des Außenministeriums. Zwar ist es sehr wahrscheinlich, dass es zur neuen Zentrale kommt - falls der Deal jedoch platzen sollte, hätte die Stadt dem international agierenden Immobilienfonds "Pramerica" (er kaufte das Haus von "Wüstenrot") einen prominenten Bauplatz verschafft - ganz ohne öffentliches Interesse.

Opposition droht mit Prüfung

Von der Rathausopposition setzt es harte Kritik am Vorgehen: Günter Kenesei (ÖVP) fühlt sich an den Flächenwidmungsskandal im Jahr 2002 erinnert, als Beamte die Wünsche von Politikern umgesetzt haben sollen: "Die MA19 hat nach nachvollziehbaren Kriterien zu entscheiden und nicht an die Opec zu denken." Kenesei will das Wiener Kontrollamt prüfen lassen, ob auf die Beamten Druck ausgeübt wurde. Ähnlich sieht das der grüne Stadtrat David Ellensohn: "Ich vertraue auf das Kontrollamt. Wieder einmal werden durch das Prinzip ,Sie wünschen - wir widmen gängige Regeln außer Kraft gesetzt." Eine Anfrage im Gemeinderat kündigt FPÖ-Klubchef Eduard Schock an. Denn: "Der geplante Abriss ist ein weiterer Anschlag auf die historisch gewachsene Baustruktur."

Angesichts dieses Falles warnt das "Netzwerk Denkmalschutz" vor einem "Dammbruch" in der Altstadterhaltung: "Wenn kein politischer Wille zum Erhalt der Innenstadt vorhanden ist, werden weiteren Abrissen Tür und Tor geöffnet", erklärt Sprecher Markus Landerer. Denn wenn die MA19 dieses Haus nicht als erhaltungswürdig erkenne, drohe vielen anderen bald die Abrissbirne.