Wien. Die Wiener Linien haben 2012 so viele Fahrgäste wie noch nie transportiert: Im Vorjahr waren rund 907 Millionen Personen mit U-Bahn, Bim oder Bus in Wien unterwegs. "Das sind rund 32 Millionen mehr als 2011", erklärten Wiens Vizebürgermeisterinnen Renate Brauner und Maria Vassilakou am Dienstag. Die Verkehrsbetriebe erwirtschafteten im Vorjahr auch mehr Einnahmen - die allerdings die zugleich gestiegenen Kosten nicht decken konnten.

Einen besonderen Zuwachs gab es bei der Zahl der Jahreskartenbesitzer - nämlich von einem Drittel beziehungsweise 125.000 Personen: Seit Anfang dieses Jahres sind rund 500.000 Personen mit einem solchen Ticket unterwegs. Die Zahl der Monatskartenbesitzer stieg im Vorjahr ebenfalls, nämlich um 10 Prozent. Ersten Analysen zufolge zählen die seit Mai 2012 gültige Tarifreform sowie die hohe Qualität der Verkehrsbetriebe zu den Gründen für die positive Fahrgäste-Bilanz.

Preise bleiben - vorläufig


Ein Plus verbuchten die Verkehrsbetriebe auch bei den Einnahmen. 2012 wurden 484 Millionen Euro erwirtschaftet, das sind um 5,7 Prozent mehr als 2011. Brauner betonte in diesem Zusammenhang aber, dass es "natürlich auch steigende Kosten" gegeben habe. Denn der Gäste-Zuwachs bedeute auch gesteigerte Anforderungen unter anderem an Fahrzeuge und Service - sprich mehr Abnutzung oder einen höheren Reinigungsaufwand. Auch steigende Energiekosten und Gehälter machten höhere Ausgaben notwendig. Da mit den Einnahmen die Kosten nicht abgedeckt werden konnten, schoss die Stadt 30 Millionen Euro zusätzlich zu. Ob sich die Öffi-Nutzer deshalb auf eine baldige Verteuerung der Ticketpreise einstellen müssen, darauf wollte sich Brauner nicht konkret festlegen. Sie versprach lediglich, "dass wir alles daran setzen werden, um dieses ,Landmark‘ der Wiener Linien, diese günstige Jahreskarte, auch so beizubehalten".

Getan hat sich 2012 auch einiges in Sachen Infrastruktur: Die neue Straßenbahnlinie 25, die Floridsdorf und Aspern verbindet, ging in Betrieb, und die Linie D wurde zur Ostseite des neuen Hauptbahnhofs verlängert. Auch heuer stehen einige Erweiterungen auf dem Plan. Ab Herbst hält die U2 im Norden der Stadt an drei neuen Stationen - nämlich Hausfeldstraße, Aspern und Seestadt. Gleichzeitig fährt die Straßenbahnlinie 26 dann mehr Stationen an, sie wird vom Kagraner Platz bis zur Hausfeldsiedlung verlängert. Im Sommer sollen außerdem die Modernisierung der Kulturpassage Karlsplatz und im Herbst schließlich die Sanierungsarbeiten an der denkmalgeschützten U6-Station Josefstädter Straße beendet werden.

An Ausgaben sind für das heurige Jahr 130 Millionen Euro für die Anschaffung neuer Fahrzeuge - fünf U-Bahnzüge, 18 Niederflur-Bims, 29 Busse -, 159 Millionen Euro für den U-Bahnnetz-Ausbau, 43 Millionen Euro für die Modernisierung von Bahnhöfen und Werkstätten und 41 Millionen Euro für den Ausbau des Straßenbahnnetzes budgetiert. Weiters werden 17 Millionen Euro in die Modernisierung der bestehenden Netzinfrastruktur und 8 Millionen Euro in die Modernisierung von Stationsgebäuden gesteckt. Macht insgesamt 398 Millionen Euro.

U4-Teilsperre nicht sicher


Gearbeitet wird auch an der Modernisierung der U4, wo es in der jüngsten Vergangenheit immer wieder technische Gebrechen gab. Es ist eine Generalsanierung geplant, Vorarbeiten seien bereits geleistet worden, berichtete Brauner. Die Wiener Linien werden der Stadt in den nächsten Wochen ein Konzept zur Modernisierung vorlegen. Ob es zu einer Teilsperre kommt, sei noch nicht klar, so die Stadträtin.

Vassilakou zeigte sich zufrieden mit der Bilanz: "2012 war eindeutig das Jahr der Öffis." Dem sogenannten Modal Split zufolge würden in Wien inzwischen 39 Prozent der Wege mit den Öffis zurückgelegt werden. Das sei eine Steigerung von 2 Prozentpunkten gegenüber 2011. Der Radverkehrsanteil sei auf 6,3 Prozent gestiegen, der Fußgängeranteil konstant bei 28 Prozent geblieben. Der motorisierte Individualverkehr liege bei 27 Prozent. "Es sind 100.000 Pkw-Fahrten täglich, die im vergangenen Jahr auf öffentliche Verkehrsmittel umgeleitet wurden", rechnete sie vor.

ÖVP: "Ein Öffi-Schmäh"


Kritik kam von der Wiener ÖVP: "Die Vergünstigung der Jahresnetzkarte ist in Wahrheit ein grüner ,Öffi-Schmäh‘", erklärte Parteichef Manfred Juracka. Schließlich leiste die Stadt 730 Millionen Euro Zuschuss an die Wiener Linien. "Das bedeutet, dass jeder Wiener, ganz egal ob er die öffentlichen Verkehrsmittel nützt oder nicht, fast 800 Euro jährlich für diese zahlt", so Juraczka.