Anfangs prüft man, ob sie geladen ist. Ob Patronen im Lauf stecken. Dann erst nimmt man die Waffe in die Hand. Und stellt sich in Position. Eine Verlängerung des rechten Arms soll die Waffe darstellen, die linke Hand fasst über die rechte Hand und drückt dagegen. Währenddessen wird der rechte Zeigefinger auf den Abzug gelegt und ganz langsam der Druck erhöht. Die Konzentration ist auf die Scheibe gerichtet, die Krone und die Kimme - so werden die Ausbuchtungen auf der Waffe genannt - sollen mit dem Ziel eine Linie bilden. Dann der Schuss.
Es ist ein leichter Rückstoß. Überraschend leicht. Eine kleine Druckwelle geht durch den Körper. Vielleicht ist es auch nur das Adrenalin. Die leere Patronenhülse knallt gegen die Brillengläser. Es ist kein Gefühl von Macht, eher von Machtlosigkeit über die schlaffen Oberarme, die vor Anspannung zittern. Dann noch ein Schuss und noch einer. So lange, bis das Magazin leer ist. Und es sich beinahe natürlich anfühlt. Beängstigend natürlich. Immer den schwarzen Punkt auf der Zielscheibe vor Augen. Nur er ist interessant. Weggeblasen sind all die Reflexion über eine bewaffnete Gesellschaft und darüber, dass diese 700 Gramm genauso gut einen Menschen töten könnten.
Zu einfache Tests
Schritt zwei ist ein psychologisches Gutachten. Karl Javorszky ist einer dieser Psychologen. Jede Woche begutachtet er zwei Personen, die sich ihre mentale Tauglichkeit bescheinigen lassen wollen. Es sind Sicherheitsleute, Sportler und Menschen, die sich ein Haus am Stadtrand gebaut haben - ohne Nachbarn weit und breit. Innerhalb von zwei Stunden stellt Javorszky die Selbstkontrolle, das Aggressionspotenzial und die Risikobereitschaft der Antragsteller fest. Den genauen Ablauf will er nicht verraten. Zwischen fünf und zehn Prozent werden jedes Jahr abgelehnt. Diese können es bei einem anderen Psychologen erneut versuchen. Ein lukratives Geschäft für die Psychologen, 285 Euro kostet ein Gutachten.
Der Schütze Rasovic findet diese Tests zu einfach. "Ein Psychologe, der die Leute nicht durchlässt, wird sich in der Szene herumsprechen. Keiner wird mehr zu dem hingehen", meint er. Im Ernstfall seien die Tests aber ohnehin keine Garantie. "Kranke Leute wie Breivik kommen immer an Waffen. Und die suchen sich wehrlose Opfer. Deswegen bin ich dafür, dass jeder den verantwortungsvollen Umgang mit der Waffe lernt." Schon Jugendliche in der Oberstufe sollten unter Aufsicht damit beginnen, "damit sie einem Breivik nicht wehrlos ausgeliefert sind und wie Schafe zur Schlachtbank geführt werden".
Wissen
In Wien haben derzeit 23.673 eine Waffenbesitzkarte (Österreich: 156.000) und 11.712 Personen einen Waffenpass (Ö: 81.000), der auch das Tragen einer Waffe erlaubt, während die Besitzkarte nur das Führen einer Waffe in einem geschlossenen Behältnis erlaubt. Jährlich werden rund 2000 Wienern die Karten entzogen, weil sie gegen das Waffengesetz verstoßen haben. Seit 1. Oktober 2012 müssen alle Waffen registriert werden. Hinter der Novelle steht die EU-Waffenrechtslinie. Bis Ende 2014 müssen alle Mitgliedstaaten die Schusswaffen registrieren. In Österreich bestand bis dato das Problem, dass die genaue Anzahl der Waffen im Land nicht bekannt war. Bisher wurden 51.008 Waffen in ganz Österreich registriert.