Wien. Eigentlich handelt es sich bei Österreich um keine Football-Nation. Die Vollkörperkonfrontation liegt dem Homo Austriacus in der Regel nicht.
Dieser Tage wird man eines Besseren belehrt. Österreich hätte durchaus das Zeug zur Football-Nation. Spätestens, wenn in Wiens Straßen Punschgeruch in der Luft liegt, ist es wieder so weit: Dann wird aus dem gemeinen Bürger ein unbarmherziger Rammbock, der beim Kampf um das letzte Nintendo-Spiel im Schlussverkauf jedem NFL-Spieler das Wasser reichen kann. Tackling vom Feinsten, wenn man so will. Es ist Weihnachten. Und das bedeutet: Wiens Einkaufsstraßen werden zu Kampfzonen erklärt. Der erfahrene Konsument weiß sich darauf vorzubereiten: Die Ellbogen werden geschmiert, der Tunnelblick geschärft und die Geldbörse in Reichweite gehalten.
Rund 350 Millionen Euro werden sich die Wiener diese Weihnachten kosten lassen. So lautet das Ergebnis einer Umfrage der KMU-Forschung Austria, die im Auftrag der Wirtschaftskammer Wien durchgeführt wurde. "Die Wiener werden heuer neun Millionen Präsente verschenken", sagt Brigitte Jank, Präsidentin der Wirtschaftskammer Wien. Laut den von der KMU-Forschung Austria erhobenen Daten werden zu Weihnachten 90 Prozent der Wiener ihre Liebsten beschenken. Im Durchschnitt wird jeder der Befragten sieben Präsente verteilen. Am ausgabefreudigsten sind mit durchschnittlich 490 Euro die 50- bis 59-Jährigen.
Das Gros erledigt seine Einkäufe in der Endphase
Besonders für Juweliere und Spielzeughändler ist das Weihnachtsgeschäft wichtig. Sie erwirtschaften vor dem großen Fest je elf Prozent ihres Jahresumsatzes. Die meistgekauften Geschenke seien Bücher und Gutscheine, gefolgt von Kleidung und Spielwaren, heißt es laut Umfrage.
Das Gros des Einkaufsgeschäfts wird sich in der zweiten Novemberhälfte abspielen, denn sowohl die "Early Shopper", also jene Kaufumtriebigen, die schon Anfang November ihre Geschenke für Weihnachten besorgen, als auch die "Late Shopper" werden heuer laut Umfrage weniger. 58 Prozent der Befragten gaben an, Ende November und Anfang Dezember ihre Weihnachtsbesorgungen zu erledigen.
Grund zur Freude bietet das Ergebnis der aktuellen Umfrage für den Wiener Handel nicht unbedingt. Denn die Wiener geben heuer um 15 Millionen Euro weniger aus als im Vorjahr. Der Grund: die Konkurrenz aus dem Internet. Statt in der Buchhandlung nebenan die Bestsellerlisten für die Verwandtschaft abzugrasen, bestellt der computeraffine Käufer seine Schmöker online. Der Vollkörperkontakt auf offener Straße ist für ihn passé. Bei der KMU-Umfrage gaben elf Prozent an, ihre Geschenke vorwiegend online zu kaufen.