Wien. Es ist ruhig im Papierfachgeschäft Miller auf der Mariahilfer Straße. Das nicht nur, weil der große Umzug ein paar Häuser weiter zu Hausnummer 93 vorbei ist. "Wir haben Umsatzeinbußen von 30 Prozent", sagt Inhaber Georg Mosler, der kein Hehl daraus macht, kein großer Fan von der neuen Fußgängerzone zu sein. "Die Mariahilfer Straße war schon immer eine Transportstraße. Auch der Kaiser hat sie schon als Durchzugsstraße benutzt, wenn er von der Hofburg nach Schönbrunn wollte", sagt er zur "Wiener Zeitung". Mosler hat das Geschäft nun schon in 5. Generation von seinen Eltern übernommen. Im Jahr 1866 gegründet, ist Miller Bürokultur das nun älteste Geschäft auf der Mariahilfer Straße.
Der Online-Handel mache dem Geschäft natürlich sehr zu schaffen, sagt Miller-Inhaber Mosler. Die Miete für das größere Geschäft konnte man nicht mehr bezahlen und so sei man umgezogen. Die Fußgängerzone sei nicht allein der Grund für das harte Geschäft. Aber was jetzt passiere, verschlimmere die Situation. Viele seiner Kunden, die mit dem Auto zu ihm in den 6. Bezirk fahren wollen, würden nur noch fluchen. Weiters ist Miller sauer, dass er bei der großen Abstimmung am 17. Februar nicht mitmachen darf. Alle Geschäftsleute und Verkäufer sind davon ausgeschlossen.
"Die Straße wird einfach heruntergerissen"

Diese Tatsache stößt auch auf Unverständnis bei Claus Slama, Inhaber der Slama & Co GesmbH. "Alles muss raus. Wir schließen" steht auf den großen Glasfenstern jenes Hauses, das es seit 1957 auf der Mariahilfer Straße gibt und nun endgültig leergeräumt wird. Die Miete sei zu hoch geworden. "Die Fußgängerzone ist nicht der alleinige Grund", sagt Slama, "allerdings wurden die Rahmenbedingungen künstlich verschlechtert", meint er. "Was soll ich sagen, die Straße wird einfach heruntergerissen", nimmt Slama die Realität mit einem sanften Achselzucken zur Kenntnis. Das Geschirr-Geschäft wird es in Wien nun nicht mehr geben. Die 28 Mitarbeiter, die über 35 Jahre alt sind, müssen in Pension gehen oder sind arbeitslos gemeldet. Die einzige Filiale, die bleibt, liegt in Hennersdorf in Niederösterreich. "Mit großem Kundenparkplatz", versucht der Inhaber seinen Kunden die Fahrt schmackhaft zu machen. "Die Mariahilfer Straße und ihre Seitengassen haben ihr eigenes Mikroklima entwickelt, mit einem tollen Mix an Geschäften. Jetzt wird es eng."
Leerstehende Lokale waren bisher auf dieser Einkaufsstraße eine Rarität. Der geschlossene Büchermarkt Hintermayer hat keinen Nachmieter gefunden. Auch das seit dem Jahr 1959 existierende Damenmodenhaus Johann Strauss an der Hausnummer 119 schreibt an: "Alles muss raus". Das gegenüberliegende Kaufhaus Stafa wird zu einem Hotel umgebaut. Und Niedermeyer und Co sind ohnehin längst passé. "Als nächstes sind Möbelhaus Leiner und Sports Experts dran", hört man so manchen Geschäftsmann unken. Zweifelsohne: Die Mariahilfer Straße verändert sich - die geplante Fußgängerzone ist aber sicherlich nur ein Teil davon.