Wien. Graz hat sie, Bern hat sie, Sevilla hat sie, Freiburg hat sie: Fußgängerzonen, in denen das Radfahren erlaubt ist. Was viele nicht wissen: Auch in Wien sind sie nicht die Ausnahme. Von den 92 Fußgängerzonen in Wien sind immerhin 40 für den Radverkehr geöffnet. Lange nahmen die meisten Menschen diesen Umstand mit Gleichmut hin. Dies änderte sich mit der Diskussion um die neue Mariahilfer Straße. Stadtopposition und Boulevard-Medien bezogen gegen die Verkehrsberuhigung Stellung und entdeckten "Rad-Rambos" als Feindbild. So stark wurde der politische Druck, dass die Bürger bei der Befragung im Februar/März auch darüber entscheiden sollen, ob Radfahren künftig erlaubt sein wird oder nicht.
Wer glaubt, die Mariahilfer Straße sei mit Start der Verkehrsberuhigung gefährlicher oder konflikt-trächtiger geworden, der irrt. Das zeigt nicht nur ein Besuch auf der Einkaufsstraße, wo es ohne den Verkehrslärm und die ständigen Verkehrsstaus deutlich freundlicher zugeht als früher. Sondern das zeigt auch die Analyse von Wiens Fußgänger-Beauftragten Petra Jens. Auf deren Schreibtisch landen die Beschwerden von Fußgängern zu den verschiedensten Themen. "Berichte über Konflikte zwischen Fußgängern und Radfahrern in der Mariahilfer Straße wurden kaum an uns herangetragen", erklärt Jens. "Konflikte ereignen sich typischerweise, wenn Radfahrende auf Gehsteigen unterwegs sind oder Fußgänger irrtümlich auf Radwegen. Oder wenn Radfahrende auf gemischten Rad- und Fußwegen zu schnell oder rücksichtslos fahren."
In den 40 für den Radverkehr geöffneten Fußgängerzonen Wiens funktioniere das Zusammenleben hingegen meistens gut. Die Mariahilfer Straße sei da keine Ausnahme. Ein Ergebnis übrigens, zu dem auch Andrzej Felczak, der Vorsitzende der Radlobby Österreich kommt: "Für Radfahrer ist die Mariahilfer Straße sehr angenehm zu fahren, weil wenig Verkehr und viel Platz ist. Unsere Beobachtungen haben gezeigt, dass es - etwa im Vergleich zur Ringstraße - friedlich zugeht."
Dies, obwohl die Strecke mit 400 Radfahrern pro Stunde beliebt und wichtig sei, um von den Außenbezirken ins Stadtzentrum zu gelangen. "Die Begegnungszone im unteren Teil wird von Eltern mit Kindern und Fahrrad-Neulingen genutzt, die gerne in der Stadt fahren wollen, sich aber bei schnellem Autoverkehr nicht wohlfühlen."