Wien. (sand) Kellner müssen viele Strapazen auf sich nehmen. Schwere Tablets, unangenehme Arbeitszeiten und pingelige Gäste. Im Donauturm kommt für sie eine Sache dazu: Tische, die plötzlich verschwinden und woanders wieder auftauchen. Dort, wo noch vor einer Minute das entzückende Pärchen saß, das einen Kaffee bestellt hat, sitzt nun eine italienische Reisegruppe, die nach mehr Stühlen verlangt.

Aber das ist das Berufsrisiko, wenn man in einem Café arbeitet, das sich dreht. Und das die ganze Zeit. Deswegen kommen die Gäste. Sie wollen 150 Meter über den Boden ihre Sachertorte und ihre Melange genießen und dabei einen sich wechselnden Panoramablick. Wer noch höher hinaus will, kann im Restaurant auf 170 Meter seinen Rostbraten bestellen.

Die drehende Gastronomie gehört zu den Highlights des 252 Meter hohen Donauturms. Dieses Wochenende feiert er mit einem zweitägigen Fest im Donaupark sein 50-jähriges Jubiläum, inklusive Sonderfahrten mit der Liliputbahn, Konzerten und Kinderprogramm. Beginn ist Samstag um 10 Uhr.

Gebaut anlässlich der Internationalen Wiener Gartenschau 1964, zählt der Turm heute zu den Wahrzeichen Wiens. Bis 1960 war das Areal des heutigen Donauparks noch Mülldeponie, erst die Suche nach einem geeigneten Austragungsort der Gartenschau brachte Stadtplaner und Politiker auf den Weg nach Donaustadt. Geplant wurden auch eine Liliputbahn und ein Sessellift, Höhepunkt sollte allerdings der Donauturm werden. Der Grundstein für den Entwurf des Architekten Hannes Lintl wurde am 12. Oktober 1962 gelegt, nur rund 20 Monate später - am 16. April 1964 - eröffnete Bundespräsident Adolf Schärf feierlich den Turm.

26 Minuten für eine Drehung

300 Mal am Tag drückt die Liftdame den Knopf. An hektischen Tagen 400 Mal. Und so oft erklärt sie auch den Besuchern, dass die Fahrt auf die erste Aussichtsplattform 35 Sekunden dauern wird. Dass die Geschwindigkeit des Lifts 22 km/h entspricht. An windigen Tagen hingegen nur 9 km/h. Und dass die Gäste, wenn sie Lust haben, ihren Blick nach oben richten können, um zu sehen, wie schnell der Aufzug in die Höhe schießt. Einige wenden den Blick ab. Andere wiederum fragen sich, warum denn der Aufzugboden nicht auch verglast sei, sodass man von beiden Seiten sehen könne, wie man in die Höhe geschossen wird.

Rund 80 Menschen arbeiten im Donauturm. Von den Liftstewards über die Kellner in den Restaurants bis hin zum Küchenpersonal. Zwei Küchen hat der Turm. Eine befindet sich am Boden im Keller, wo 24 Mitarbeiter die Speisen vorbereiten. In einer Großküche im Zwischengeschoß werden die Gerichte dann finalisiert. Und den jeweiligen Kellnerkabinen des Cafés und Restaurants noch zurechtgemacht.

26 Minuten braucht sowohl das Café als auch das Restaurant für eine Umdrehung. Eigentlich gab es ursprünglich drei Geschwindigkeiten: 26, 39 und 52 Minuten. Die 26 Minuten hätten sich aus vielerlei Hinsicht bewährt, heißt es von den Mitarbeitern. Einerseits seien die Gäste ungeduldig und wollen innerhalb einer halben Stunde eine volle Runde gesehen haben. Andererseits sei es auch aus ökonomischen Gründen vorteilhaft, wenn die Besucher nicht eine Stunde verweilen und einen Tisch so lange besetzen. Herr der Drehungen ist jener, der in der Früh als Erster in die Arbeit kommt und den Knopf drückt. Der Rest ist Magie aus den 60er Jahren.