
Ein paar Straßen weiter befindet sich das Freilichttheater Krizanke. Es ist ein weiterer Beweis für die neuen Kräfteverhältnisse in der Stadt. Über dem Theater wurde ein Schwebedach errichtet. Die Schallwellen werden dadurch von innen nach außen und von außen nach innen transportiert. Bei Veranstaltungen wird nun jedes Mal die anliegende Hauptstraße gesperrt, da man sonst den lärmenden Verkehr im Theater hören würde.
Freie Hand vom Bürgermeister
Seit neun Jahren ist Janez Kozelj als Stadtplaner im Amt. Seine Vision von einer grünen Stadt verfolgt er seitdem konsequent und ohne Kompromisse. "Mit einer absoluten Mehrheit geht das", sagt er. Von Bürgermeister Zoran Jankovic, ehemaliger Präsident des Handelsriesen Mercator, hat er für die Gestaltung des Verkehrskonzepts freie Hand bekommen. Einen Koalitionspartner, der andere Wünsche haben könnte, gibt es nicht.
Die aus dem Nichts kommende "Liste Zoran Jankovic" errang seit ihrem ersten Antritt im Jahr 2006 stets mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen. Trotz zahlreicher Strafanzeigen und Prozesse gegen den Gründer und Chef der Partei. Auch der mitunter autoritäre Führungsstil des Unternehmers scheint die Wähler nicht abzuschrecken. Kozelj zuckt mit seinen Schultern. "Die Wähler wollen Menschen in der Politik, die Visionen haben und Dinge in die Hand nehmen", sagt er. "Wir wurden 2006 gewählt, haben 2007 unsere Konzepte vorbereitet und 2008 damit angefangen, diese umzusetzen. In den vergangenen fünf Jahren wurde unsere Arbeit dann sichtbar", erklärt der Vizebürgermeister.
Politiker sei er aber keiner, betont Kozelj. "Ich bin Stadtbaumeister. Da gehören Städteplanung, Umwelt und urbane Gestaltung dazu." Seinen echten Beruf als Architekturprofessor an der Universität Ljubljana hat er bis heute nicht aufgegeben. "Ich verbinde Theorie mit Praxis und umgekehrt", sagt der 70-Jährige. "Mit meinen Studenten entwickle ich Stadtkonzepte, die ich dann umsetze." Allerdings sei die Umsetzung in einem Land, in dem der motorisierte Anteil am Verkehrsaufkommen jährlich um acht Prozent steigt, oftmals sehr schwierig, fügt er hinzu. "Der Prozess war vor allem am Anfang schmerzhaft. Wir sind eine balkanorientierte, postsozialistische Stadt. Es war nicht einfach, die Gewohnheiten zu ändern."
Um die Bürger nicht allzu sehr vor den Kopf zu stoßen, griff die Stadt auch in die Trickkiste: Man eröffnete Baustellen, wie auf der Slovenska cesta, als Ablenkungsmanöver. Umfahrungen aufgrund von Baustellen sind nichts Ungewöhnliches, der Ärger von Autofahrern hält sich daher in Grenzen. Mit der Zeit gewöhnt sich der Autofahrer an die neue Route. Somit hält sich der Ärger auch in Grenzen, wenn die Baustelle abgebaut wird und die Straße weiterhin für Autos geschlossen bleibt.
Nur als sämtliche Autoparkplätze aus der Innenstadt entfernt und in eine Tiefgarage unter dem Park Zvezda verlegt wurden, gab es Protest. Die Stadt blieb aber hart und setzte sich durch. Die Mehrheit der Bürger habe verstanden, dass nachhaltige Mobilität ihren Alltag verbessert, sagt Kozelj. Die jahrzehntelange Dominanz des Autos habe die Stadt hingegen verwahrlosen lassen.
In der Innenstadt ist heute davon nichts mehr zu spüren. Frisch geputzte Fassaden, neu hergerichtete und aufgeräumte Straßen und Plätze mit Springbrunnen, weiß angesprühten Sitzmöbeln und kleinen Cafés mit Stoffschirmen und Sprühanlagen. Dort, wo früher Parkplätze waren, stehen heute Händler, die Eis, Kunstwerke oder Antiquitäten verkaufen. Auf einer Brücke hat ein Pärchen Matten aufgelegt, um Yogaübungen zu machen. Durch die offenen Fenster der Musikuniversität hört man trällernde Gesangsstudenten und Instrumente, die gerade gestimmt werden. Neben den großen Flächen, die frei wurden, sei es auch stiller geworden, sagt ein Student, der sich in einem Straßencafé gerade einen Cappuccino bestellt hat. "Früher hat man hier sein eigenes Wort nicht verstanden", sagt er.
Abgesehen vom Liefer- und Müllverkehr, der täglich von 6 bis 10 Uhr in die Zone darf, sind Autos und Motorräder verboten. Das gesamte Areal wurde in eine Begegnungszone für Fußgänger und Radfahrer verwandelt. Auch die Polizei und die Post sind auf Rädern unterwegs. Für Menschen, die in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind, stehen kostenlos E-Autos mit Chauffeur zur Verfügung. Die Fahrzeuge mit dem Namen "Kavalir" können per Handzeichen angehalten oder per Telefon bestellt werden.
"In Außenbezirken wird nichts getan"
Das Zusammenspiel scheint zu funktionieren. Kein Klingeln oder Fluchen, wenn es sich einmal auf der Begegnungszone staut. "Bürgermeister Jankovic hat zwar Verfahren wegen Korruption am Hals. Die Neugestaltung in der Innenstadt kann sich aber sehen lassen", sagt eine 25-jährige Englischlehrerin. "Ich fahre hier gerne mit dem Rad." Ein 35-jähriger Maschinenbauingenieur benützt ebenfalls das Fahrrad oder geht zu Fuß, wenn er in der City ist. "Ich habe ein Auto. Damit fahre ich ungefähr 6000 Kilometer im Jahr. Ich benütze es aber nur, wenn ich ans Meer oder zum Skifahren in die Berge fahre."
Doch es gibt auch kritische Stimmen zur Verkehrspolitik der Liste Zoran Jankovic. "Der Bürgermeister will nur die Innenstadt schön haben, weil dort die Touristen sind. Dort wo die Touristen nicht hinkommen, sieht es anders aus", versichert eine 50-jährige Verkäuferin. "In den Außenbezirken wird nichts getan. Da werde ich angehupt, wenn ich mit dem Rad auf der Straße fahre."
Angesprochen auf die Kritik antwortet Janez Kozelj: "Wir sind eine 300.000-Einwohner-Stadt in die täglich 110.000 Autos fahren. Wir müssen eine Balance schaffen. Das Land ist schließlich autosüchtig." Der Antrieb des Öffi-Bussystems, das auch das Umland der Stadt verbindet, soll grüner werden. Vorerst mit Gas-Antrieb. Elektromotoren kann er sich aber auch vorstellen. Und seit kurzem gibt es die "Urbana", eine Kombikarte für die Benützung von Bibliotheken, Öffis, Bike-Sharing und Autoparkplätzen.
Natürlich will er auch in den Außenbezirken den Verkehr beruhigen, betont der Stadtplaner. Nur es gebe etwa Faktoren, die massenhaft Autos anziehen und die man hinnehmen müsse. So etwa das Shopping Center BTC, in das jährlich 1,2 Millionen Besucher strömen würden, die alle mit dem Auto kommen. "Wir haben mit der Innenstadt am schwächsten Punkt in der Stadt begonnen. Nun wollen wir die äußeren Bezirke revitalisieren. Es gibt noch viel zu tun." Ermüdungserscheinungen zeigt der 70-Jährige keine: "Ich bin noch immer aufgeschlossen, ich fühle mich frei."