Was der bisher größte Fehler bei Affine gewesen wäre? "Wow, richtig grobe Fehler sind zum Glück nicht passiert. In der Anfangszeit aber viele kleine und mittlere Fehler. Es gab zu hohe Auflagen und Fehleinschätzungen oder Vertriebskonstellationen, die nicht funktioniert haben - aber nichts, was mich in Panik versetzt hätte. Ich habe keine Angst vor Fehlern. Sie werden passieren, aber man kann sie korrigieren." Affine habe sich unterm Strich sehr konstant und erfreulich entwickelt.

Jamal Hachem ist nun ein viel zu höflicher Mensch, um etwas Schlechtes über seine Artists, die oft auch seine Freunde sind, zu sagen. Auf die Frage nach der am besten und der am schlechtesten verkauften Platte in sieben Jahren lacht er länger, streicht dann neben einer Single von Dorian Concept ungefähr alle anderen Veröffentlichungen heraus und sagt hinterher, dass es so etwas wie schlecht verkaufte Platten ja eigentlich nicht gibt.

Ein bisschen könnte es ihn aber beschäftigt haben, dass zwei spezielle Alben nicht auf Affine erschienen sind - die von Dorian Concept und Cid Rim. Für die beidem war es vermutlich die bessere Entscheidung. Ihre Vinyls stehen jetzt in Geschäften in Asien und Amerika, die Pressekontakte ihrer britischen Labels sind über Jahre in alle Ecken des Globus gewachsen, über deren Netzwerke kommen dementsprechend größere Anfragen herein. Cid Rim hat deshalb Leute wie Sky Ferreira, Chvrches und Darwin Deez remixt. Auch Ogris Debris dürften mit ihrem Album fremdgehen. Sie alle zählen aber nach wie vor wie selbstverständlich zur Familie. Und diese Familien kann auch wachsen.

Mit dem Projekt Holy Oxygen und damit einem Rapper aus Südafrika seien Türen und Horizonte aufgegangen. Angst vor Pop hat es ja nie gegeben, aber jetzt noch weniger. Warum aber bisher keine Frau auf dem Label veröffentlicht hat, dafür hat Jamal Hachem keine Erklärung, er würde das salopp als blöden Zufall abtun.

Heimspiel im Brut


Als die Affine-Familie vor fast einem Jahr im Brut ein Heimspiel feierte, rückte der ORF mit einem Übertragungswagen aus, um das Ereignis live festzuhalten. Ausgestrahlt wurde das Ganze - vielleicht gegen die Erwartungen - nicht auf FM4, sondern auf Ö1. Im ORF hat sich ja nach vielen Verhandlungen und langen Gesprächen die Einstellung zu Musik aus Österreich verändert. Sie wird jetzt gefördert, häufiger gespielt und wieder ins Rampenlicht gestellt.

Das kann nun auch Affine nützen. Denn das Label hat so wie nur ganz wenige über die letzten Jahre einen eigenständigen Sound in Österreich geprägt. Natürlich muss man dabei auch Musiker wie Parov Stelar, Sohn oder Klangkarussell nennen. Sie haben ebenfalls mit ihrem Stil einen Sog für andere Musiker erzeugt und waren noch dazu vom kommerziellen Standpunkt erfolgreicher. Aber nirgendwo sonst hat eine Gruppe von gut befreundeten Leuten sich gegenseitig so angestachelt und so konstant außergewöhnliche Musik veröffentlicht. Kurz sah es sogar so aus, als könnte Affine Records der heimliche Nachfolger von G-Stone sein, dem Label von Kruder & Dorfmeister und das Zentralorgan des in den Neunzigern international gefeierten Wiener Clubsounds. Um so etwas wirklich zu wollen, dafür sind die guten Menschen von Affine aber zu leiwand.

Zur Person

Stefan

Niederwieser

ist Chefredakteur von "The Gap - Magazin für Glamour und Diskurs", das sich regelmäßig und kritisch mit österreichischer Clubkultur auseinandersetzt.