Wien. Sie haben ihn weggeschickt. Sicherheitshalber, da er einen Hund hat. "Es sieht so aus, als ob der Hof bald geräumt werden würde", sagt er. Er, das ist ein Punk Ende dreißig, einer der Besetzer des Haschahofes in Rothneusiedl im 10. Bezirk. Und er tut, was er eigentlich nicht tun dürfte - mit jemandem Außenstehenden über die Besetzung des leerstehenden historischen Landgutes in Rothneusiedl und die sogenannte "Evolutionäre Randgruppe", die sich kurz "Evora" nennt, zu reden.

"Wir sind seit einem Monat hier. Wir sind ein Kollektiv, dem ganz unterschiedliche Personen angehören. Wagenleute, Leute von der Solidarischen Landwirtschaft, aber auch Privatleute, die die leerstehenden Flächen nutzen wollen." Eigentlich war der Mann mit seinem Hund bereits am Gehen, schlupft dann doch wieder unter dem großen Eisentor hindurch und öffnet es von innen.

Die Besetzer haben das Tor mit zwei Eisenketten provisorisch verbarrikadiert. "Sehen Sie selbst, viele der Gebäude sind noch intakt. Nach hinten gehen wir lieber nicht, denn ich dürfte ja niemanden hineinlassen. Alle sind gerade sehr gestresst und angespannt." Zwei Minuten später marschieren 100 Polizisten auf - die Spezialeinheit Wega, Polizisten aus dem Bezirk und Beamte der Bereitschaftseinheit.

Der Eigentümer, der Wohnfonds Wien, hat die Räumung angeordnet. Es ist 13.58 Uhr - dreißig Minuten später ist alles vorbei. Die Besetzer verlassen freiwillig das Areal, die Polizei leitet deshalb auch keine weiteren rechtlichen Schritte ein. Von den neun Personen werden die Daten aufgenommen. "Wir sind keine Verbrecher", schreit der Mann mit dem Hund. Alle anderen schweigen. Die Anweisung, wer auch immer sie gegeben hat, ist klar: Außerhalb der Gruppe wird mit niemanden gesprochen.

"Wir haben es satt"


Und die Antwort ist immer dieselbe. "Es steht alles auf unserer Homepage." "Wir haben es satt, aufgrund steigender Mietpreise, der Räumung der Pizzeria Anarchia (im 2. Bezirk, Anm.), der Nicht- Akzeptanz gegenüber den Wagenplätzen und der voranschreitenden Gentrifizierung, obdachlos, oder von Obdachlosigkeit, Verelendung und Kriminalisierung bedroht zu sein. Es macht uns wütend, dass uns die Stadt keinerlei Möglichkeit gibt, das Leben nach eigenen Vorstellungen zu gestalten und uns mit von ihr auferlegten Rahmenbedingungen eine erzwungene Freiheit vorspielt", ist auf der Homepage der "Evora" zu lesen.