Wien. 9 Uhr 27. Der Duft von fettigem Teig, Weichkäse und gewürztem Fleisch verbreiten sich im Raum und lässt das Wasser im Mund zusammenlaufen. Obwohl das Lokal auf der Mariahilfer Straße 147 erst vor einer halbe Stunde aufgemacht hat, sitzen schon Kunden auf den Tischen und verspeisen ihre Pitas - mit Käse, Spinat, Erdäpfeln oder Fleisch gefüllte Strudel. Wir befinden uns im Pitawerk, Wiens neuestes Burek-Geschäft.

Vier braune Tische, zwei grüne Sitzbänke und vier weiße Stühle. Auf dem hintersten sitzt Nadan Hadzibeganovic, Mitbegründer des Pitawerks - eine sogenannte Buregdzinica, der bosnische Begriff für einen Laden, der nur Burek und Pita verkauft. Der Raum ist sehr hell und gemütlich eingerichtet. Eine zarte und gelungene Mischung aus Tradition, Moderne und Hipster.

"Wir wollten uns klar von anderen Bäckereien abheben, die eine sehr kalte Einrichtung haben. Deshalb haben wir uns für eine liebevolle Ausstattung entschieden", sagt der Gastronom. Mit "Wir" meint er sich selbst und und seinen Geschäftspartner Edin Islamovic. "Wir haben insgesamt sechs Monaten am Konzept gefeilt", sagt Islamovic stolz. Die beiden haben bereits vor dem Pitawerk zusammengearbeitet. Im Lokal gleich nebenan.

Vom Tellerwäscher zum Geschäftsführer

Hadzibeganovic kam vor 15 Jahren nach Österreich, um Wirtschaftsinformatik an der Wirtschaftsuniversität zu studieren. Im zweiten Abschnitt des Studiums brach er ab. "Meine Eltern haben mir das Studium finanziert, doch das war mir dann als 20-Jähriger zu blöd, also habe ich beschlossen zu arbeiten", sagt er.

In einer Pizzeria begann er als Tellerwäscher und arbeitete sich zum Geschäftsführer hoch. Nach neun Jahren kündigte er und kehrte nach Bosnien zurück. Aus privaten Gründen. Doch nach nur einem Jahr zog es ihn wieder nach Österreich. Er fand sehr bald einen Job bei der Coffeeshop Company, wo er als Geschäftsführer tätig war.

Hadzibeganovic hatte jedoch den Wunsch, etwas Kleines und Eigenes aufzumachen. "Pita kam mir nur zufällig als Idee", sagt er lächelnd. Also sprach er mit Islamovic, der ein kleines Lokal gleich neben dem Coffeeshop Company besaß und so wurde Pitawerk geboren. Doch ein kleines Problem gab es noch: Hadzibeganovic wusste nicht, wie man Pita richtig zubereitet. Also fuhr er nach Sarajevo, wo er drei Monate lang in einer traditionsreichen Bäckerei direkt vom Großmeister gelernt hat, wie man die besten Strudel bäckt. Ein Vergleich mit Luke Skywalker und Meister Yoda scheint ihm heute irgendwie angebracht. Mit seinem neugewonnenen Wissen und Selbstvertrauen kehrte er wieder zurück und steht seitdem von Mittwoch bis Sonntag den ganzen Tag in der Backstube. Montags und Dienstags nimmt er sich ein paar Stunden frei.

Die Backstube befindet sich direkt hinter Hadzibeganovic und ist mit einer dicken Glasscheibe vom Rest des Raumes abgetrennt. Und das ist durchaus gewollt. "Damit man zusehen kann wie das Essen gemacht wird", sagt Hadzibeganovic.

Zwei Damen mit weißen Kittel und schwarzen Kappen kneten gerade frischen Teig für die nächste Ladung Pita. Manchmal heben und schwingen sie den Teig recht heftig. Ähnlich wie ein Pizzabäcker. "Der Teig muss hauchdünn sein. Fast durchsichtig. Dann erst kann man ihn füllen", erklärt Hadzibeganovic.

Man verwendet kleine Mengen Öl, um den Teig schön dünn zu strecken. Vorsichtig geht man da vor, denn der Teig darf keine Löcher haben. Mit Gefühl und einer Portion Schnelligkeit gelingt das. "Was wir hier anbieten ist Leidenschaft in Teigform", sagt er. Ihm war es sehr wichtig, dass sein kulinarisches Angebot hausgemacht schmeckt. "Pita vermittelt ein Gefühl von Heim und Wärme, denn traditionell kocht das nur die Mutter oder die Oma", erklärt der gelernte Pita-Bäcker. Darum weigert er sich, mit Tiefkühlwaren zu arbeiten. Der Teig wird stündlich frisch gemacht. "Wir nehmen in Kauf, dass die Kunden manchmal zehn oder 15 Minuten warten müssen, aber dann bekommen sie was Frisches", so Hadzibeganovic. "Es gibt viele Bosnier, die behaupten, man könne hier nicht richtig guten Burek machen, da die Zutaten hier nicht so gut schmecken. Wir beweisen das Gegenteil", sagt Alen Islamovic, der ausschließlich auf österreichische Zutaten setzt.

Die beiden Gastronomen und Pita-Liebhaber träumen nicht von großem Reichtum. "Es geht uns nicht darum, richtig viel Geld mit Pita zu verdienen, sondern darum stolz zu sein auf unsere Produkte", so Hadzibeganovic. "Man muss mit Liebe kochen und arbeiten", fügt er hinzu.

Was das Lokal ausmacht, ist laut Hadzibeganovic einerseits das köstliche Essen. Aber auch die Reduktion. Es stehen im Pitawerk nur sechs Strudel zur Auswahl. Auch das ist gewollt. "Weniger, aber dafür richtig gut", ist sein Ansatz. Geplant sind Saison-bedingte Variationen, wie Kürbis-Pita, aber man experimentiert noch mit den Zutaten.

Das aktuell angesagte Mode-Fast-Food

Pita, dieses traditionsreiche Gericht, ist laut Hadzibeganovic das aktuell angesagte Mode-Fast-Food in Wien. Den türkischen Börek gab es schon seit Jahren in türkischen Bäckereien und einzelnen Döner-Buden zu kaufen. Doch Börek und Pita haben ungefähr so viel gemein wie Instant-Kaffee und Cappuccino.