Wien. Andrea Kerber hat Anfang April ihr Streetwear Modelabel "Vis a Vis" mitten im 15. Bezirk gelauncht. Die 22-jährige Designerin fertigt jedes Stück selbst an. Erste Anfragen, auch aus der Modemetropole New York, trudeln ein.

Nein? Doch! So geht es den meisten Menschen, die das Booklet der 22-jährigen Jungdesignerin Andrea Kerber durchblättern. Es sieht so gar nicht nach Wien und schon gar nicht nach Rudolfsheim-Fünfhaus, sondern mehr nach internationaler Haute Couture, besser gesagt Street Couture, aus. Und doch ist Wien mit all seinen Facetten Kerbers Inspirationsquelle und das soll auch in den nächsten Jahren so bleiben.

Wie wär’s eigentlich mit Berlin? "Nein", Kerber schüttelt den Kopf. Die 22-jährige Wahlwienerin mit Tiroler Wurzeln, die vor zwei Jahren nach Wien gekommen ist, um ihre Meisterprüfung zu absolvieren, hat Anfang April ihr eigenes Streetwear Modelabel "Vis a Vis" gegründet und damit den Schritt in die Selbständigkeit gewagt.

Schrille Farben sucht man bei Kerber vergebens. Das ist auch nicht notwendig. Die Hingucker sind die Designs selbst. Zeitlos, detailreich, aber ohne Schnickschnack. "Meine Kollektion entsteht aus dem Gefühl heraus. Ich entwerfe die Stücke nicht erst auf Papier, sondern ich habe die Ideen im Kopf und beginnen dann einfach zu nähen", sagt Andrea Kerber, während sie ihren neuesten Designs in ihrem Atelier in der Eduard-Süß-Gasse - unweit des Meiselmarktes in Rudolfsheim-Fünfhaus - den letzten Schliff verleiht.

"Street Chic" nennt sich Kerbers neue Kollektion, die vor wenigen Tagen herausgekommen ist und mit Gegensätzen sowie mit den Farben Schwarz, Weiß Olivgrün und Dunkelblau spielt, wie Kerber erklärt. "Zum einen mit der Urbanität und zum anderen mit Chic. Der schmale Grat zwischen schicker Mode und Streetwear macht die Kollektion und auch mein Label aus." Geshootet wurde in der Ankerbrotfabrik - auf der Dachterrasse des Wiener Künstlers Philipp Penz.

"Wenn ich nähe,
vergesse ich die Zeit"

Das Besondere an Kerbers Kollektionen sind nicht nur ihre Designs, sondern auch, dass die 22-Jährige jede Hose, jede Jacke, jedes Shirt selbst näht. Die handgefertigten Unikate werden nach Bestellung innerhalb von drei bis 14 Tagen geliefert. "Wenn Aufträge reinkommen, dann nähe ich zwei bis drei Stücke am Tag. Ich stehe morgens auf und nähe bis auf eine kurze Mittagspause bis am Abend durch. Wenn ich nähe, dann vergesse ich die Zeit."

Kerber achtete darauf, Naturmaterialen zu verwenden. "Polyester, nein danke! Es soll in dieser Preisklasse auch hochqualitativ und angenehm sein." Kerber trägt alle Stücke, die sie designt, auch selbst. "Nur dann kann es auch authentisch sein", sagt sie. "Ich freue mich regelrecht darauf, wenn ich etwas genäht habe und ich es am nächsten Tag anziehen kann."

Der Weg in die Selbständigkeit war der heute 22-Jährigen bereits klar, als sie noch Schülerin der Innsbrucker Ferrarischule mit Fachrichtung Mode und Bekleidungstechnik war. "Bereits während meiner Schulzeit habe ich Kollektionen entworfen und mit Freunden Fotoshootings organisiert. Meine Intention war es damals überhaupt nicht, Kleidungsstücke zu verkaufen, aber das hat sich eben so ergeben. Meine Designs sind sehr gut bei Freunden und Bekannten angekommen. Und es hat mich so begeistert, dass Sachen, die ich entworfen habe, von anderen getragen werden, dass es bald für mich klar war, dass ich mich selbständig mache", erzählt Kerber.

Tagtäglich trudeln neue Anfragen und Aufträge ein - auch aus New York. "Ich bin auch erstaunt, dass es so schnell anläuft. Das hätte ich mir nicht gedacht." Was ist Andrea Kerbers Vision? "Einen eigenen Shop zu eröffnen. Der nächste Schritt ist es aber, dass meine Designs in Wiener Boutiquen verkauft werden und der übernächste Schritt dann ein eigenes Geschäft. Aber das dauert noch", sagt die Jungdesignerin.

Andrea Kerber vertreibt ihre Kollektion, die sie in den drei Größen Small, Medium und Large fertigt, über ihren Onlineshop. Wer Kerbers Designs ansehen, anfassen und anprobieren möchte, kann einen Termin mit der Jungdesignerin in ihrem Atelier im 15. Bezirk vereinbaren.