
Wien. So wie in London wird es in Wien nicht sein. Wenn 300.000 Besucher an einem Wochenende rund 800 Gebäude stürmen, ist das für das Wiener Pendant lediglich ein Ansporn. Dennoch: Der unabhängige Verein Open House Wien hat im Jahr 2014 das Format der kostenlosen Führungen durch zum guten Teil private Häuser in den deutschsprachigen Raum geholt. In London gibt es die Open-House-Touren bereits seit 1992. Mittlerweile hat sich das Konzept in 30 Städten der Welt etabliert.
Nach zwei Jahren mit jeweils mehr als 30.000 Besuchern präsentierten die Vereins-Gründerinnen in Wien Iris Kaltenegger und Ulla Unzeitig am Dienstag ihre Neuerungen für das Wochenende am 10. und 11. September. 80 Gebäude werden dann für zwei Tage öffentlich gemacht. Die Hälfte davon wurde aus dem vorigen Jahr übernommen, die andere Hälfte ist neu dazugekommen.
Das Umspannwerk in Favoriten auf ihrer Liste zu haben, war etwa ein lang gehegter Traum der beiden Architektinnen, der sich nun erfüllt hat. Das Werk wird an jenem Wochenende zu besichtigen sein. Auch die Gasometer werden mit dabei sein. Ob auch deren Wohnungen für die Öffentlichkeit offenstehen werden, werde noch verhandelt, so die Gründerinnen. Die Metastadt - altes Wagenwerk und das Kesselhaus - wird geöffnet, auch das Loft Zwei, das Wasserschloss Laudon, die Sargfabrik, das Magdas Hotel, das Juridicum, der Gewerbehof Mollardgasse, die Wotruba Kirche oder Smartwohnen im 10. machen mit.
Die Auswahl der Gebäude erfolgt durch den sogenannten Weisenrat. Ein Gruppe Experten beschließen, welche Häuser von Interesse sein könnten. Anschließend werden die Bewohner kontaktiert und ihr Einverständnis eingeholt. Diese davon zu überzeugen, dass sie an zwei Tagen rund 200 Menschen im Wohnzimmer stehen haben, sei nicht immer einfach, aber bisher sei immer alles gut gegangen.
Die Führungen durch die Gebäude werden von 250 Volunteers bewältigt, die im Vorfeld gut geschult werden. "Wir haben Architektur-Studenten, aber auch viele Architektur-Interessierte", so Unzeitig. Freiwillige können sich auf der Homepage bewerben.
Niederösterreich erstmals mit dabei
Neben Wien wurde heuer erstmals Niederösterreich dazu genommen. "Wir haben die Stadtgrenze gesprengt", sagt Kaltenegger. "Dabei war uns sofort klar, dass wir das Sanatorium in Purkersdorf dazunehmen."
Neu ist auch ein Wohn- und Baucafé in der IG Architektur am 10. September um 18 Uhr und Kinderführungen in einigen Gebäuden. Auch Statiker, Bauingenieure oder Akustiker werden diesmal die Führungen begleiten. Das Wohnhaus Oase 22 im 22. Bezirk etwa hat eine Laufstrecke am Dach, wo ein Landschaftsarchitekt Auskunft geben wird.
Kaltenegger und Unzeitig kennen Wien nun noch besser. In den vergangenen drei Jahren sind sie selbst in all den Gebäuden gewesen. "Man fühlt sich dadurch noch mehr verwurzelt", sagt Unzeitig. "Wenn man durch die Stadt geht und weiß, da war ich schon einmal drinnen."
"Wir möchten die Menschen für Architektur begeistern. Denn in einer Stadt wie Wien, die zu den lebenswertesten Städten der Welt gehört, ist es wichtig zu sehen, wie und vor allem wo Menschen leben, arbeiten und wohnen", so Kaltenegger, die einige Jahre in London gelebt und das Format dort kennengelernt hat. "Wir sind stolz darauf, dass Wien die erste Stadt im deutschsprachigen Raum ist, in der Open House stattfindet."
Und im dritten Jahr sei die Akquise schon leichter gegangen. "Wenn wir sagen, die und die sind auch dabei, dann haben wir ebenfalls eine Zusage bekommen." "Es ziehen sich auch alle brav die Schuhe vor der Tür aus", lacht Unzeitig. Und so warten unter anderen Wohnungs- oder Hausbesitzer in der Odoakergasse im 16., Fendigasse im 5., Obere Amtshausgasse im 5., Schloßgartenstraße und Lindauergasse in Mauer auf Besucher.
Gebäude aussuchen und hinschauen
Für eine Tour braucht es keine Anmeldung. Die Gebäude können am Open-House-Stadtplan selbst ausgesucht und zu den Öffnungszeiten besucht werden. Die Stadtpläne liegen an diversen Standorten und am 10. und 11. September bei allen Gebäuden auf.