Wien. Nach einer groß angelegten Suchaktion, die zu keinem Ergebnis führte, gibt es nun doch ein Happy End. Vorausgesetzt, der Film "Die Stadt ohne Juden" wird noch heuer restauriert und vor dem Verfall gerettet. Für die Wiederherstellung der verschollenen Originalfassung, die die aufkeimende Sündenbock-Mentalität und die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung in Wien der 1920er Jahre thematisiert, sind 75.500 Euro notwendig.

Es ist ein "Alles-oder-nichts-Prinzip". Gelingt es, bis zum 10. Dezember die 75.500-Euro-Marke zu erreichen, ist der Film vor dem Verfall gerettet. Gelingt es nicht, heißt es zurück an den Start. "Ehrlich gesagt, daran wollen wir gar nicht denken. Wir sind sehr zuversichtlich. Aber natürlich wäre es sehr bitter, wenn es nicht gelingen würde und wir wieder von vorne beginnen müssten, eine Finanzierung zu lukrieren. Wir stehen im Wettlauf gegen die Zeit", sagt Ernst Kieninger, der Direktor des Filmarchivs Austria.


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Zur Crowdfunding-Kampagne "FILMRETTUNG Stadt ohne Juden" bei "wemakeit"
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Förderungen gibt es keine - das Filmarchiv hat bei der Stadt Wien ein Förderansuchen für ein Sonderprojekt eingereicht. Eine Entscheidung steht jedoch bis heute aus. "Es macht keinen Sinn, sich unter diesen Umständen Jahre lange um Dotierungen zu bemühen, die es vielleicht gar nicht geben wird. Deshalb haben wir uns entschieden, einen völlig alternativen Weg zu gehen", sagt Kieninger.

Die Crowdfunding-Kampagne auf der Plattform "wemakeit" ist einer der größten Österreichs und hat Anfang dieser Woche die 13.000 Euro-Marke überschritten. Noch fehlen mehr als 62.000 Euro, dafür verbleiben 38 Tage Zeit. Unterstützer bekommen Goodies wie einen Spaziergang durch das jüdische Wien rund um das Filmarchiv in der Leopoldstadt oder eine Besichtigung des Nitrofilmlagers in Laxenburg, wo unter den 520.000 Filmrollen auch das alte Nitrofilmmaterial von "Die Stadt ohne Juden" lagert.

"Es ist ein außergewöhnlicher Film, der eine außergewöhnliche Geschichte erzählt. Eine Geschichte über Wien vor über 90 Jahren, die bis heute nicht an Aktualität verloren hat. Die "Stadt ohne Juden‘ ist einer der wichtigsten österreichischen Stummfilme", erklärt Filmarchiv-Direktor Kieninger.

Statement gegen Antisemitismus


Die Filmrettung steht unter dem Motto "save the past for the future". Damit sei nicht nur die Rettung des Filmes gemeint, sondern auch die Haltung, die damit verbunden sei. "Es ist ein klares Statement gegen Xenophobie, ein klares Statement gegen Antisemitismus in unserer Stadt. Ein Statement, das in eindrucksvollen Filmbildern erhalten ist und nicht dem Verfall preisgegeben werden darf. Die ,Stadt ohne Juden‘ muss gerettet und in die Welt hinausgetragen werden", sagt Kieninger.