Wien. Wien wächst. Laut Stadt bis 2030 um rund 10-15.000 Menschen pro Jahr. Damit verändert sich nicht nur das Stadtbild, gerade im Bereich des öffentlichen Verkehrsnetzes stellen sich weitreichende Herausforderungen. Zentrale Fragen dabei: Wie kann man die öffentlichen Verkehrsmittel möglichst effizient nutzen, wo braucht es einen Ausbau, um überfüllte Strecken zu entlasten?

Heuer werden bereits einige Weichen im Bereich des öffentlichen Verkehrs gestellt. Eine davon betrifft den geplanten Bau der U-Bahn-Linie U5 sowie die Verlängerung der U2. Die Bauarbeiten sollen Ende 2018 beginnen. "Das Planungsprojekt geht in die finale Phase. Wir warten derzeit auf die Bauvergabe. Diese wird hoffentlich bald in diesem Jahr stattfinden", sagte Öffi-Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) bei einer Pressekonferenz am Montag im Infocenter U2/U5 der Station Volkstheater. Zuständig für die eisenbahnrechtliche Baubewilligung ist die MA64, bei der die Wiener Linien den Antrag einreichen müssen.

Die Vorarbeiten für den U-Bahn-Ausbau laufen bereits. So sind die Probebohrungen zur Erkundung des Untergrunds und des Grundwasserspiegels abgeschlossen. Die U2 etwa wird die Neubaugasse in 37 Metern Tiefe kreuzen, das macht derartige Schritte notwendig. "Wir bauen innerstädtisch, aber damit haben wir Erfahrung", sagt Sima. Bereits in den 1990er Jahren bei der Verlängerung der U3 musste man unter verbautem innerstädtischem Gebiet bohren. Weiters wurden die Fundamente von bisher mehr als 400 Häusern entlang der Trasse untersucht.

Grundsätzlich läuft das Projekt in zwei Teilphasen ab, wobei erstere 2023 abgeschlossen sein soll: Die U5 wird im ersten Schritt vom Rathaus bis zum Frankhplatz/Altes AKH gebaut. Im südlichen Bereich zwischen Rathaus und Karlsplatz übernimmt die türkise Linie die derzeitige U2-Strecke. Sie wird auf vollautomatischen Betrieb umgestellt - ein Novum in Wien. In der zweiten Bauphase wird die U5 zum Elternleinplatz in Hernals führen. Die U2 wird in der ersten Phase ab dem Rathaus bis zum Matzleinsdorfer Platz gebaut. Im nächsten Schritt wird sie den Wienerberg in Favoriten erschließen.

Sämtliche Arbeiten sollen voraussichtlich 2028 abgeschlossen sein. Damit erhofft man sich vor allem eine Entlastung im Nordwesten der Stadt, also der Linien U3, U6, und der Straßenbahnen 43 und 6. Kolportiere Kosten: rund eine Milliarde Euro pro Bauphase.

Ein anderes Projekt betrifft ebenfalls Favoriten und soll bereits diesen September seine Pforten öffnen: Die U1 wird künftig vom Reumannplatz bis nach Oberlaa führen, insgesamt werden fünf neue Stationen gebaut. "Wir befinden uns derzeit bei der Ausstattung der Betriebsräume und der Innenverkleidung der Stationen", sagte Wiener Linien-Geschäftsführer Günther Steinbauer im Rahmen der Pressekonferenz. Im Frühjahr sollen diese Arbeiten fertiggestellt sein, sodass im April mit den ersten Testfahrten begonnen werden kann.

Mit der U1-Verlängerung hat die Stadt gleich mehrere Ziele im Visier. Erstens auf Ebene der Fahrgäste: So soll die Fahrzeit von der Innenstadt bis nach Oberlaaa um die Hälfte auf fünfzehn Minuten reduziert werden. Die künftige Station Alaudagasse in der Favoritenstraße wird zu einem Öffi-Knotenpunkt ausgebaut, fünf Buslinien sollen hier ab September angebunden werden. Und nicht zuletzt soll ein Anreiz für Pendler aus Niederösterreich geschaffen werden, ihr Auto am Stadtrand stehen zu lassen.

Eine zweite Ebene betrifft die Wiener Stadtentwicklung: "So ein öffentlicher Netzausbau ist dafür natürlich ein Motor. Es werden sicher neue Siedlungs- und Wohngebiete entstehen", sagt Steinbauer. Konkreter Nachsatz: "Es geht auch darum, die Per-Albin-Hansson-Siedlung anzuschließen. Diese hat etwas mehr Einwohner als Eisenstadt (rund 13.500, Anm.). So kann man mehr Fahrgäste erreichen", so der Wiener Linien-Geschäftsführer. Der Zeit- und der Kostenrahmen für die Verlängerung (dieser beläuft sich auf rund 600 Millionen Euro) werde "jedenfalls eingehalten".

Auch die U4 wird weiter modernisiert: Nach der Sanierung des westlichen Abschnitts vergangenen Sommer betreffen die heurigen Pläne den nördlichen Teil. So werden im Frühjahr zwischen Spittelau und Roßauer Lände neue Weichen eingebaut. Diese sollen bei Betriebsstörungen das Umfahren eines Zuges ermöglichen. Ab Schwedenplatz wird es einen Ersatzverkehr bis Heiligenstadt geben. Während die Sanierung der Station Stadtpark in den nächsten Tagen abgeschlossen sein sollte, wird mit jener bei der Friedensbrücke im Frühjahr begonnen. Ein Bahnsteig bleibt während der Bauarbeiten für den Schienenverkehr offen.

Steigerung der Öffi-Nutzung als Ziel bis 2020

Und erstmals werden die Wiener Linien XL-Busse mit 20 Metern Länge einsetzen. Die ersten Exemplare werden im Herbst auf der Strecke des 11A und 11B unterwegs sein.

All diese Maßnahmen für den Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes haben ihren guten Grund: "Es ist unser Ziel, bis 2020 eine Milliarde Fahrgäste zu befördern", sagt Öffistadträtin Sima. Bereits für 2016 meldeten die Wiener Linien mit 954,2 Millionen Fahrgästen einen Fahrgästerekord. 2015 waren es 939,1 Millionen. "Weiters wollen wir den öffentlichen Verkehr beim sogenannten Modal Split, also dem Verhältnis der Wiener Verkehrsmittelnutzung, steigern. Dieser beträgt derzeit 39 Prozent. Bis 2020 soll er auf 40 Prozent erhöht werden", schließt Sima an. Der Anteil an Autofahrern mache zur Zeit 27 Prozent aus, ebenso jener an Fußgängern. Bleiben sieben Prozent an Radfahrern. Leicht wird die Aufstockung des öffentlichen Verkehrs auf 40 Prozent jedenfalls nicht: Die Kennzahlen entsprechen exakt jenen aus 2015 und 2014. Insgesamt nimmt die Stadt für all die heurigen Maßnahmen 413 Millionen Euro in die Hand.