Gibt es andere Städte, die ähnlich viele Einwohner wie Wien haben, aber weniger Autoverkehr?

Da Wien einen sehr hohen Anteil an öffentlichem Verkehr hat, ist der Autoverkehr im Vergleich zu anderen westeuropäischen Städten recht gering. In vielen deutschen Städten ist er viel höher. Auch Kopenhagen hat mehr Autoverkehr. Nur die osteuropäischen Städte haben noch mehr öffentlichen und daher weniger Autoverkehr. Allerdings spürt man dort einen Aufholbedarf und eine Aufbruchsstimmung wie bei uns nach dem Krieg. Die Menschen machen das durch, was wir vor 40 Jahren erlebt haben. Alle wollen Autofahren. Dadurch verschlechtert sich das Verhältnis wieder.

In Wien sind in den Stoßzeiten schon jetzt sehr viele Menschen mit den Öffis unterwegs. Wie wird sich das künftig mit noch mehr Menschen ausgehen?

Wien hat ein Verkehrssystem, das sehr radial aufgebaut ist. Alle müssen irgendwie ins Zentrum und von dort wieder raus. In den aktuellen Planungen für die U5 und die U2 forcieren wir Tagentiallinien. Das hilft das Zentrum und die U6, eine der am stärksten frequentierten Linien, zu entlasten. Die Gebiete, die am stärksten wachsen, sind aber die Außenbezirke. Da muss natürlich auch mit dem Ausbau der öffentlichen Verkehrsmittel nachgezogen werden.

Wie glauben Sie, sieht der Verkehr in der Stadt in zehn, 20 oder 50 Jahren aus?

Was natürlich ein Thema ist, ist das autonome Fahren. Ich denke, es wird sich durchsetzen, dass selbstfahrende Autos "geteilte" Autos sind, die von einer Firma angeboten werden. Wir denken schon jetzt darüber nach, was das für die Stadt bedeutet. Selbstfahrende Autos werden wohl weniger Parkplätze benötigen, da sie 24 Stunden pro Tag unterwegs sein können. Sie werden auch effizienter fahren. Dadurch wird sich die Stadtstruktur ändern. Die Lösung der Verkehrsprobleme bringt das aber nicht. Denn wenn alle damit fahren, haben wir wieder zu wenig Platz. Ich denke, die U-Bahn wird das effizienteste Verkehrsmittel bleiben, da sie am wenigsten Platz braucht und die meisten Menschen befördern kann. Die Wiener Linien denken darüber nach, in einem Forschungsprojekt einen Busshuttle autonom fahren zu lassen. Thema wird auch sein, dass der öffentliche Verkehr durch Apps am Smartphone individueller wird und der Privatverkehr öffentlicher.

Wann werden selbstfahrende Autos in Wien unterwegs sein?

Die einen sagen in zehn Jahren, die anderen in 30 Jahren. Auf einer Autobahn werden sie viel früher im Einsatz sein, da dort nur Autos miteinander kommunizieren müssen. In der Stadt gibt es auch Fußgänger, das macht es natürlich komplexer.

Laut Medienberichten sollen 2018 die ersten fliegenden Autos ausgeliefert werden. Ist auch das Thema für die Verkehrsplanung?

Mit fliegenden Autos beschäftigt sich die Forschung, aber bei Verkehrsplanern ist es kein Thema. Drohnen allerdings schon. Sie sollen für den Zustellverkehr eingesetzt werden. Wir führen bereits erste Gespräche mit der Austro Control. Man fragt sich, welche Einsatzgebiete gibt es in der Stadt, welche Regeln wird es brauchen, damit das auch ein gedeihliches Zusammenleben mit den Drohnen ist. Denn man ist dann in der dritten Dimension und das ist schon ein Sicherheitsthema, es geht um Fragen wie die Absturzgefahr oder die Privatsphäre. Aber da stehen wir noch ganz am Anfang.

Zur Person

Angelika Winkler

ist stellvertretende Leiterin der Magistratsabteilung für Stadtplanung und Stadtentwicklung (MA 18). Ihre Tätigkeitsschwerpunkte sind strategische Planungen im Mobilitätsbereich, von der U-Bahn- und Straßenbahnplanung bis zum Fuß -und Radverkehr. Themen wie Carsharing, Elektromobilität oder mobility on demand rücken in Ihrer Arbeit immer mehr im Vordergrund.