Wien. Der Dienstag hat dem Wiener Generalvikar eine vormittägliche Kletterpartie beschert. Nikolaus Krasa setzte gemeinsam mit Harald Gnilsen, dem Baudirektor der Erzdiözese Wien, das frisch vergoldete Kreuz wieder auf den 75 Meter hohen Vierungsturm der Votivkirche auf. Ein Termin, auf den sich Krasa schon lange gefreut hat, auch aus ganz persönlichen Gründen: "Ich war vor einem Monat schon einmal dort oben. Das sind schon einmalige Blicke, die man da hat, wenn der Stephansdom zwischen den beiden mächtigen Osttürmen der Votivkirche aufragt." Baudirektor Gnilsen geht es da ähnlich: "Da hinaufzuklettern ist eine große Herausforderung, aber es ist ein wunderschöner Ausblick, den man nie vergisst."
Mit dem Aufsetzen des Kreuzes ist eine wichtige Etappe geschafft. Seit 2001 wird die Votivkirche, deren Grundstein 1856 gelegt wurde, Abschnitt für Abschnitt restauriert. 2023 soll die Außenrenovierung abgeschlossen sein - in diesem Jahr will auch Gnilsen in Pension gehen. "So viel Bausubstanz zu erhalten, ist nicht irgendwas. Das wird auch hier bei der Votivkirche deutlich", meint Krasa. Eine besondere Herausforderung für die Restauratoren ist, dass bei diesem klassischen Historismusbau das Handwerk ganz bewusst als Gegenbewegung zur Industrialisierung eingesetzt wurde. Der Baudirektor ist auch nach 16 Jahren, die er nun schon mit der Renovierung der Votivkirche befasst ist, immer noch begeistert von der "höchsten Präzision der Bauteile und dem handwerklichen Aufwand, vor denen man mit großer Ehrfurcht steht und weiß: Es war nicht notwendig, aber man hat es trotzdem gemacht zur Ehre Gottes und um das Handwerk zu würdigen."
Nur mit der Bausubstanz ist es so eine Sache. Einerseits besteht sie aus hartem Muschelkalk aus dem Leithagebirge, vor allem bei den Kreuzrosen, "aber unterhalb wurde leider oft Sandstein verwendet, der leicht verwittert, weshalb wir oft ganze Teile abbauen müssen", so Gnilsen. Ergänzt werden aber aus wirtschaftlichen Gründen nur die deutlich sichtbaren Bereiche.
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Das Dach wurde in den 1960ern mit Asbestfasern neu gemacht. "Das haben wir auch erneuert, weil es lückenhaft war. Jetzt ist wieder Schieferstein oben - insgesamt 400.000 Schindeln. Die haben wir alle aus einer Quelle bezogen, damit die Qualität gleich ist, und setzen sie nach und nach ein", berichtet Gnilsen. "Wenn das Dach wieder ganz dicht ist, kann man sich dann mit der Innenrenovierung auseinandersetzen." Ein Teil wurde zwar schon begonnen, aber vieles fehlt noch.