Wien/London. (aum) Easyjet will sich zum Teil in Wien niederlassen. Das verkündete die Airline am Freitag. Somit hat Österreich das Rennen um den neuen Standort der Billigfluglinie gewonnen und auch den letzten Konkurrenten - Portugal - hinter sich gelassen. Die Politik ergeht sich in Jubel. Bundeskanzler Christian Kern, Verkehrsminister Jörg Leichtfried und die Wiener Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner (alle SPÖ) bekundeten umgehend ihre Freude über die Ansage. Das, obwohl die behördliche Prüfung eigentlich noch gar nicht abgeschlossen ist.

Da der Brexit die britische Fluglinie vor Unwägbarkeiten stellt, was den künftigen Betrieb in Europa betrifft, sucht sie schon seit längerem ein drittes Standbein in der EU. Derzeit gibt es zwei Niederlassungen: Die Zentrale in London und eine weitere in Zürich. Nun soll Wien hinzukommen. Daher hat Easyjet Anfang des Jahres um ein Air Operator Certificate ("AOC") bei der österreichischen Luftfahrtbehörde Austro Control sowie um eine Betriebsbewilligung beim österreichischen Ministerium für Verkehr, Innovation und Technologie angesucht. Das war der breiten Öffentlichkeit bisher nicht bekannt und wurde erst am Freitag in einer Erklärung von Easyjet offiziell.

Die Fluglinie will künftig 4000 Mitarbeiter und 100 Flieger - also das gesamte EU-Geschäft - von der Donaumetropole aus steuern. Mit ein Grund für die Wahl Wiens seien die guten Erfahrungen mit der Austro Control gewesen, heißt es. "Die Austro Control verfolgt einen strikten Kurs bei der Umsetzung von Sicherheitsrichtlinien, der dem von der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) vorgegebenen Weg hin zu mehr leistungsorientierter Sicherheit voll entspricht", sagte Thomas Haagensen, Country Manager für die Region Österreich, Deutschland und die Schweiz.

"Rasche" Entscheidung


Genau diese hochgelobte Behörde ist jetzt also für die Genehmigung des AOC zuständig. Dort hieß es, man könne zum laufenden Verfahren keinerlei inhaltliche Aussagen machen. Aber: "Die Entscheidung wird aller Voraussicht nach in naher Zukunft fallen", erklärte Austro-Control-Sprecher, Markus Pohanka. Wird das AOC gewährt, fehlt nur noch die Bewilligung des Verkehrsministeriums. Auch dort erklärte man auf Anfrage der "Wiener Zeitung", dass die Frage, ob diese Bewilligung ausgestellt werde, noch nicht gefallen sei. Minister Jörg Leichtfried klang jedenfalls euphorisch: "Easyjet will seine Europa-Aktivitäten künftig von Wien aus steuern. Das ist eine Auszeichnung für den Standort Österreich", erklärte er am Freitag. Er hob dabei "die professionelle und serviceorientierte Arbeit der österreichischen Luftfahrtbehörden" hervor. Wie auch die Austro Control versicherte Leichtfried, dass die Entscheidung über die Bewilligung rasch fallen werde.

Bundeskanzler Christian Kern war ebenfalls hoch erfreut. War es dieser Euphorie oder dem Wahlkampf geschuldet? - Kern machte sich jedenfalls sogleich auf den Weg zum Flughafen, um höchstpersönlich den nächstbesten Easyjet-Flieger zu begrüßen. "Das ist eine großartige Nachricht für den Standort Österreich. Ich freue mich sehr, dass sich Easyjet für unser Land entschieden hat. Im Wettbewerb mit 27 anderen europäischen Ländern hat die Qualität des Staates und nicht Steuerdumping gewonnen. Nicht der Billigere, sondern der Bessere hat gewonnen. Das zeigt: Eine starke Wirtschaft braucht einen starken Staat als Partner."

Flugzeuge bleiben, wo sie sind


"Willkommen in Wien!", hieß es begeistert von der Wiener Wirtschaftsstadträtin Renate Brauner. "Wien erweist sich erneut als international attraktiver Standort. Mit 221 internationalen Headquarters in Wien verzeichnete die Stadt bisher schon einen historischen Rekordwert - mit Easyjet Europe kommt ein weiteres Headquarter dazu", so Brauner.

An den Standorten der Flugzeuge wird sich allerdings auch bei einer Teilübersiedlung von Easyjet nach Wien nichts ändern. Wie viele Mitarbeiter künftig in Wien sitzen, ließ Easyjet noch offen. Eine Lizenz für die neu zu gründende Gesellschaft Easyjet Europe ist beantragt und soll in Bälde ausgestellt werden. "Wir sind im Prozess die Lizenz zu bekommen, wann genau ist nicht abschätzbar", sagte Manager Haagensen. Mit dem Umzug sei sichergestellt, dass auch nach einem Brexit die Flugrechte für die Airline in Europa aufrecht bleiben. Laut EU-Recht hat die Fluggesellschaft eines EU-Mitgliedsstaates die Freiheit, innerhalb der EU beliebige Strecken zu fliegen.

Dass eine Eröffnung des Easyjet-Standorts in Wien die Entscheidung über die viel diskutierte dritte Piste am Flughafen Wien-Schwechat beeinflussen könnte, wurde von Seite der österreichischen Regierung dementiert.

Jährlich fliegen 78 Millionen Passagiere mit der britischen Billigfluglinie. Rund die Hälfte der Passagiere stammt aus den EU-27 Mitgliedsstaaten. Alle drei Fluggesellschaften (Wien, Zürich, London) kommen unter das Dach der Easyjet plc, die weiterhin an der Londoner Börse notiert bleibt und ihren Sitz in Großbritannien hat.