Wien. Die Rufe über das Goldene Quartier - die Verlängerung des Wiener Grabens mit Bognergasse, Seitzergasse, Tuchlauben - eilten dem auf dem Reißbrett entworfenen Shoppingquartier für Luxusartikel stets voraus. Das Quartier sei tot, am Tag sehe man dort maximal zwei Touristen, die Mieter würden abspringen, ist über das vor dreieinhalb Jahren von der Signa Holding mit Gründer René Benko eröffnete Quartier zu vernehmen. Der Eindruck wird auch bestätigt. Geht man durch das Viertel, wirken die dunklen, gläsernen Geschäfte abweisend und die Menschenmenge reißt abrupt mit Graben-Ende ab. Die meisten biegen nach links in den Kohlmarkt und nicht nach rechts. Wäre da nicht das Schwarze Kamel, Aida oder Fabios, wäre die Gegend wohl nur für den reichsten Touristen ein Magnet.
Am Mittwoch präsentierten die Signa Holding in Begleitung von Regioplan Consulting, einer Beratungsfirma für stationären Handel, eine Bestandsaufnahme. Es würde gut laufen, so der Duktus. Es sei alles vermietet, auch die Umsätze würden passen, so der Geschäftsführer der Signa Holding, Christoph Stadlhuber. Lücken oder Leerstände gebe es keine, auch nach dem jüngsten Auszug von Cavalli sei die entsprechende Fläche sofort wieder vermietet worden.
Doch ganz so rosig ist es nicht. Das muss auch Stadlhuber zugeben, auch wenn er Hania Bomba, Geschäftsführerin von Regioplan den Part der Erklärung übernehmen ließ. "Das Goldene Quartier ist der Versuch, eine Randlage positiv zu besetzen", sagte sie. Das brauche aber Zeit - "und Nerven und Geld, auch Talfahrten zu verkraften", so Bomba. Ein Quartier aufzuziehen, sei alles andere als einfach. "Das Quartier steht preislich nicht für jeden", sagte sie.
Die Trends beim Konsumentenverhalten würden aber aufzeigen, dass der Kunde Klarheit schätzt, sprich die Konsumenten würden wissen wollen, wo sie was bekommen. "Je stärker die Marken desto besser für den Standort", sagte die Analystin. Ein Einkaufsquartier mache daher durchaus Sinn. Der Handel würde dorthin gehen, wo die Frequenzen sind, und die seien neben dem Online-Handel, der dem stationären Handel zu schaffen macht, vor allem in der Wiener Innenstadt mit ihren Touristen. Nötig seien darum permanente Investitionen, um das Angebot attraktiv zu erhalten.
Dass das aber auch wiederum nicht der Weisheit letzter Schluss ist, zeigt die Tatsache, dass selbst Signa Holding überlegt, langfristig für mehr Durchmischung zu sorgen und auch preislich erschwinglicheren Geschäften Platz zu machen, um mehr Menschen ins Goldene Quartier zu locken. "Ausschließlich hochpreisig zu sein, ist sicher nicht erfüllend", so Stadlhuber dazu. Er betonte aber gleichzeitig, dass das Quartier eben nicht auf eine hohe Frequenz abziele, "wichtig ist, dass die Umsätze da sind", sagte der Signa-Holding-Geschäftsführer.
"Arge Innenstadt" gegen Zürich, Berlin oder Paris
Aber auch dabei ist eine leise Sorge über die Umsätze nicht zu überhören. Die Signa Holding will nun noch in diesem Herbst mit allen zwölf Einkaufsstraßenvereinen im ersten Bezirk und mit großen Händlern Gespräche führen. Ziel ist eine "Arge Innenstadt" nach dem Vorbild in Berlin, wo die Signa Holding unter anderem das KaDeWe betreibt. Die "AG City Berlin" sei eine "sensationelle Institution", so Stadlhuber.
Auch in Wien sollten die Verantwortlichen für die Innere Stadt besser zusammenarbeiten. Denn die Konkurrenz heißt laut Signa-Geschäftsführer eben nicht Kärntner Straße, Graben oder Herrengasse, sondern Zürich, London, Berlin oder Paris. "Wir müssten zusammenarbeiten, sonst fallen wir zurück", warnte er. Gemeinsam könne man besser Strategien entwickeln, damit die Innenstadt attraktiv bleibt.
In der Zwischenzeit setzt man auf die Neueröffnung eines Amici Concept Stores auf 300 Quadratmetern im November und auf die Gastronomie. Im Oktober eröffnet das erste Restaurant im Luxusquartier. Das Ai wird japanisch-asiatische Spezialitäten servieren. Gleich gegenüber machte vor kurzem ein "Fleurs de Paris"-Store auf, dessen Kollektion aus echten, konservierten Rosen besteht.
Das Goldene Quartier steht ebenfalls steril, frisch und teuer da - und wartet auf den liebevollen Erweckungskuss. "Wir hoffen nicht, dass es zehn Jahre dauert, aber es muss sich einspielen und das dauert seine Zeit", so der Signa-Holding-Geschäftsführer.