Wien. Sehr politisch fällt einer der Schwerpunkte des heurigen Jüdischen Filmfestivals Wien von 1. bis 19. Oktober aus, welcher das Verhältnis von Juden zum Kommunismus näher beleuchtet. 1867, also vor 150 Jahren, erschien "Das Kapital" von Karl Marx. Und 1917, vor 100 Jahren, fand die Revolution in Russland statt, begründet Festivalleiter Frédéric-Gérard Kaczek diese Programmierung.

Unter dem Motto "Judentum und Revolution" werden ältere und neue Produktionen gezeigt, Spielfilme und Dokumentationen. "The Inner Circle" (1991) erzählt beispielsweise die wahre Geschichte von Aleksandr Ganshin, der 1935 in den Kreml berufen wurde, um Filmvorführer Stalins zu sein. Der animierte Dokumentationsfilm "1917 - Der Wahre Oktober" erzählt die damalige Revolution, allerdings nur aus der Sicht damals beteiligter Künstler. Die Dokumentation "Trotzki - Aufstieg und Fall eines Revolutionärs" (2016) widmet sich einem der wichtigsten Organisatoren der Revolution.

Eine Rarität im Programm ist der 1923 in Österreich gedrehte Stummfilm "Opfer des Hasses". Der Festivalkatalog spricht von einem Werbefilm, die Filmdatenbank Internet Movie Database von einem "jüdischen Propagandafilm". Interviewt wird hier ein jüdischer Fabrikant, der in der russischen Revolution enteignet wurde, bei einem Pogrom Familienmitglieder verlor und sich mit zwei Enkeln nach Wien retten konnte. Das jüdische Hilfswerk brachte die Geflüchteten in einem Waisenhaus in Baden unter, wo der Fabrikant seine Geschichte erzählt - auf Texttafeln wird das Gesagte festgehalten.

"Alles auf Zucker"


Die weiteren Schwerpunkte in diesem Jahr: die Kibbuz-Bewegung, das - beim Jüdischen Filmfestival Wien immer wieder thematisierte - Leben nach der Schoa, israelisches Kino sowie jüdisch Kochen. Und dann gibt es noch die Filme, die für sich alleine stehen. Wie etwa die 2004 in Deutschland gedrehte Komödie "Alles auf Zucker", die bereits vor einigen Jahren in Wien gezeigt wurde, aber ein Publikumshit ist, und die Dokumentation des heurigen "Peacecamp" in Österreich.

Oder aber die aktuelle Produktion "Menashe", angesiedelt in einer chassidischen Gemeinde in New York, in der Jiddisch gesprochen wird. Ein verwitweter Vater kämpft darum, sein Leben in den Griff zu bekommen und eine gute Beziehung zu seinem Sohn zu erhalten, der ihm, wie es in dieser Gesellschaft üblich ist, weggenommen wird und erst zu ihm zurückkehren kann, wenn er erneut heiratet. Hauptdarsteller ist Menashe Lustig und die Namensgleichheit ist kein Zufall: Es ist seine Geschichte, die hier erzählt wird. Geheiratet hat er übrigens bis heute nicht, dafür seine Liebe und sein Talent für Stand-up Comedy entdeckt. Sein Credo: "Wenn Gott dir ein Talent gegeben hat, sollst du es nutzen."

Programm:
www.jfw.at