Wien. Es ist der Weihrauch, der aus dem mitgebrachten Totenkopfgefäß nicht nur seinen in Kirchen so typischen Geruch verströmt, sondern im Lichtkegel von mehreren Taschenlampen für Nebelschwaden-Gebilde sorgt. Es ist das Blitzlicht von mehreren Kameras in der sonst finsteren Nacht, mit der die Gruppe plan-, aber nicht ziellos Bilder schießt.
Es ist das Klicken derselben, aber auch das leise Brummen der immer noch aktiven Maschinen, ab und zu vorbeifahrende Lkw vom nahen Alberner Hafen, das die Geräuschkulisse an diesem Abend ausmacht. Den Ruf einer Eule könnte man sich auch eingebildet haben. Der Vogel, der die sich lichtenden Herbstkronen zum Rascheln bringt, war aber da. Genauso wie der kühle Schauer, der über den Rücken kriecht, schon alleine wegen des Oktoberwindes, der hin und wieder durch die Bäume hindurchdringt.
Durchbrochen ist die Stille von Fragen wie: "Möchtest du mit uns sprechen?" — "Ist hier irgendjemand hier außer mir?" — "Wenn du ein Mann bist, hebe den linken Arm?" — "Wenn du ein Kind bist, komm bitte näher."
Heute ist Geisterjagd. Die Vienna Ghosthunters sind mit einem wahren Arsenal an Technik — von Infrarot-, Spiegelreflex- und Digital-Foto- sowie Video-Kameras über Tonband- und Infraschallgeräte bis hin zu Elektromagnetfeld-Messern — ausgerückt, mit dem Ziel "Spuk nachzugehen und zu bestätigen, dass es ihn gibt". Laut Gründer Wilhelm Gabler ist es die "europaweit älteste Gruppe, die diese Tätigkeit auf professioneller Ebene macht, soweit man das professionell nennen kann." Eigentlich zählt der Verein 25 Personen, an diesem Abend ist eine gute Handvoll am Friedhof der Namenlosen.
Der Ort mit und ohne Namen
Denn neben Schlösser und Burgen, verlassenen Sanatorien, dem Narrenturm oder anderen Friedhöfen eignet sich dieser Ort für die Geisterjagd besonders. Er ist mittlerweile einer "der am stärksten investigierten Orte überhaupt", sagt Wilhelm Gabler — mit gutem Grund, auch seiner eigenen Geschichte wegen.
Begründer des Friedhofs ist Josef Fuchs. Es war also die Initiative eines Privatmannes, dass die Toten hier ein ordentliches Grab erhalten haben. Wasserleichen, die die Donau hier beim Alberner Hafen wegen eines Strudels ans Ufer spülte, wurden hier seit 1840 bestattet. Viele hatten sich von der damaligen Reichsbrücke gestürzt, sich also selbst das Leben genommen. Selbstmörder durften zum damaligen Zeitpunkt nicht innerhalb von kirchlichen Friedhöfen, sondern nur außerhalb von geweihtem Grund und Boden bestattet werden. Insgesamt 478 Tote sind es in Summe geworden, der letzte Tote wurde im Jahr 1935 beerdigt.