Bis zu einem noch unbekannten Zeitpunkt sollen auf jeden Fall alle Mieter ausgezogen sein, das steht fest. Bei einer über 90-jährigen Bewohnerin würde man allerdings eine andere Lösung suchen. Auch unbefristete Verträge können laut Mietrechtsgesetz aufgelöst werden, wenn ein öffentliches Interesse an dem Gebäude besteht. "Und ein Krankenhaus dient der Allgemeinheit", so Kern.

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder ist mit mehr als 400 Betten, 1000 Mitarbeitern und 9 Fachabteilungen das älteste und größte Ordensspital Wiens. Bekannt ist es dafür, dass mittels Spendenfinanzierung auch Menschen ohne Krankenversicherung und Gefängnisinsassen behandelt werden.

Neben dem Mieterschutz ist der Denkmalschutz der zweite große Zankapfel, was den Umbau des Gebäudes betrifft. Das Grand Hotel in der Taborstraße 18 ist in Wien das Erste seiner Art und hat den nachfolgenden Hotelbau maßgeblich beeinflusst - nicht nur in Wien, sondern in ganz Europa. "Das Gebäude war sozusagen eine Generalprobe für den Historismus der Ringstraßenarchitektur", erklärt Andreas Nierhaus, Architekturkurator des Wien-Museums und Experte für die Architektur des 19. und 20. Jahrhundert.

Im Jahr 1848 wurde es errichtet, noch vor dem Beginn der Ringstraßenbebauung. Die Architekten Theophil Hansen und Ludwig Förster realisierten zahlreiche Einrichtungen, die damals in der Hotellerie keinesfalls üblich waren, wie beispielsweise ein Aufzug, einen Dachgarten oder eine Klimaanlage mittels Dampfmaschine. 220 Zimmer und eine Vielzahl an Salons beinhaltete das Grand Hotel, außerdem Freizeiträume wie Boutiquen, einen Billard-Saal oder ein "Lese-Cabinet".

Nur Fassade geschützt


Neun Lichthöfe und ein Glasdach sorgten für einen ausgeklügelten Tageslichteinfall. In der NS-Zeit musste der jüdische Besitzer Isidor Guttmann das Hotel der Wiener Polizei verkaufen. Nach Kriegsende erfolgte zwar eine Restitution, allerdings ohne Hotellizenz. 2009 verkauften die Enkel des Besitzers das Gebäude um einen Gegenwert von 9,2 Millionen Euro den Barmherzigen Brüdern. Im Moment befindet sich das Gebäude in einer Ensemble-Schutzzone, unter Einzelschutz steht das Gebäude aber nicht. Das bedeutet, dass nur die Fassade geschützt ist. Nur diese zu erhalten, hält Nierhaus allerdings für "frevelhaft", wie er sagt: "Innen und außen hängen untrennbar zusammen. Bevor man nur die Fassade erhält, kann man das Gebäude gleich ganz abreißen." Auch die Initiative für Denkmalschutz betont die Vorbildwirkung des Grand Hotels: "Es wäre eine denkmalpflegerische Bankrotterklärung, wenn hier dem Druck von Politik und Eigentümer nachgegeben wird."

Spitalsleiter Kern hingegen betont, dass sich sowohl der Orden als auch das Bundesdenkmalamt um eine für alle zufriedenstellende Lösung bemühe: "Aus rein technischer Sicht wäre ein Abriss und Neubau am einfachsten. Doch natürlich werden auch andere Aspekte berücksichtigt."